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Abgründe einer Stauffenberg-Diskussion

Abgründe einer Stauffenberg-Diskussion

Abgründe einer Stauffenberg-Diskussion

 

Abgründe einer Stauffenberg-Diskussion

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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

Es war eine schöne Geste, die sich die Euro-kritische Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) anläßlich des Jahrestags des Stauffenberg-Attentats ausdachte: Am 20. Juli prangte auf der Facebook-Seite der AfD ein großes Bild des Attentäters. Der schwarz-rot-goldene Schriftzug „20.Juli 1944“ würdigte den Tag, an dem ein besseres Deutschland geboren werden sollte.

Auf der Facebook-Seite der AfD und auf anderen Facebook-Seiten gab es daraufhin allerdings neben vielen klugen Kommentaren auch zahlreiche unwürdige und absurde Bemerkungen. Auf den Seiten der anderen Parteien ist das Niveau freilich kaum höher – es soll hier also nicht um AfD-Kritik gehen, für die es freilich auch einige Gründe gibt. Vielmehr offenbarten die Facebook-Diskussionen wie ein Brennglas die geistigen Abgründe der Nation. 

Da sind etwa Diejenigen, die Graf Stauffenberg „Feigheit“ vorwerfen, weil dieser mit einer Bombe Hitler töten wollte, anstatt ihn von Angesicht zu Angesicht zu erschießen. Daß Stauffenberg überleben wollte, wird ihm allen Ernstes als Fehlen von „Eiern“ ausgelegt. So gedankenlos redet eine Gesellschaft, die im warmen Wohlstands- und Luxussessel sitzt, über einen Helden, der um ein Haar Deutschland und Europa gerettet hätte.  

„Revisionistisches Nazi-Arschloch“

Daß das Attentat nur ein Teil eines von Stauffenberg unterstützten, geplanten Staatsstreiches war, scheint sich noch nicht herum gesprochen zu haben. Andernfalls wüßte man nämlich, daß es diesem Staatsstreich-Versuch geschadet hätte, wenn Stauffenberg auf Hitler geschossen hätte und anschließend selbst erschossen worden wäre.

Andere Kommentatoren brachten es fertig, Stauffenberg als „Nazi“ zu verunglimpfen, oder sie warfen ihm seinen adligen Stand vor. Einen Tag nach dem Jahrestag wurde ich von zwei „Liberalen“ als „Faschist“ und als „revisionistisches Nazi-Arschloch“ betitelt, weil ich Stauffenberg verteidigt hatte. Wiederum andere witterten in dem AfD-Titelbild „Schleimerei“, „Politische Korrektheit“ oder „Schuldkult“ – dabei zielte es doch zweifellos auf das glatte Gegenteil!

Denn Stauffenberg und der 20.Juli sind doch gerade ein leuchtendes Beispiel für positive patriotische und nationale Traditionslinien, auf die Deutschland stolz sein kann. Und „politisch korrekt“ ist das Bekenntnis zu Stauffenberg auch nicht, wie die Reaktionen deutlich zeigten.

Angst vor einer Steilvorlage für die Medien zur AfD-Verunglimpfung

Mancher interpretierte das Titelbild so, daß die AfD damit eine geschmacklose Gleichsetzung der damaligen Zeit mit der Gegenwart betreiben wolle. Diese Spekulation scheint mir unbegründet – eine solche Gleichsetzung wäre in der Tat völlig daneben.

Heute drohen bei abweichender Meinung nicht mehr der Strick in Plötzensee oder das Erschießungskommando, sondern „nur“ die soziale Ächtung und schlimmstenfalls die berufliche Vernichtung. Schlimm genug, aber dennoch etwas ganz anderes. Der Eindruck des gesellschaftlichen Wahnsinns wurde indessen dadurch abgerundet, daß einzelne Kommentatoren tatsächlich eine Parallele zwischen dem Stauffenberg-Attentat und „EU-Diktatoren“ zogen.

Doch der am häufigsten zu hörende Einwand gegen das Titelbild lautete: Damit würde den Medien eine Steilvorlage für AfD-Verunglimpfung geliefert. Das Titelbild müsse sofort weg, hieß es panisch. Ich bin da anderer Meinung. Solche Titelbilder, mit denen sich die AfD von anderen Parteien abhebt, machen eine Facebook-Seite doch eher erst interessant. Übrigens: Die befürchteten vernichtenden Medienberichte blieben vollständig aus. Wieder einmal redeten sich die AfD-Anhänger in vorauseilender Furcht eine Gefahr herbei, die gar nicht bestand.

Ermutigendes Zeichen

In Bezug auf die Heldentat sind Stauffenberg und die Mitverschwörer des 20. Juli nicht als Vorbilder für die heutige Zeit zu verstehen, sehr wohl aber in Bezug auf Geist und Haltung. Was damit gemeint ist, sei mit einem Zitat des ehemaligen brandenburgischen Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) beschrieben, der in seinem Buch „Wilde Schwermut“ fragt: „Woraufhin haben die Männer des 20. Juli 1944 das Opfer ihres eigenen Lebens auf sich genommen? An die Meinung ‘der Leute’, ‘der Medien’ oder an irgendeine öffentliche Stimmung hatten sie sich nicht halten können.“ Daß das Stauffenberg-Titelbild trotz entsprechender Forderungen nicht aus Rücksicht auf „die Medien“ entfernt wurde, sondern bis zum Ende des 20. Juli 2013 stehen blieb, ist deshalb ein ermutigendes Zeichen. 

In vielen Kommentaren spiegelte sich letztlich eine geistige Orientierungslosigkeit eines rechts von der Mitte stehenden, „bürgerlichen“ beziehungsweise „konservativen“ Lagers. Die rechte beziehungsweise konservative  Leerstelle im Parteien- und Meinungsspektrum bewirkt diese Orientierungslosigkeit, auf deren Basis dann Blöd- und Wahnsinn und ein Verlust der Einordnungsfähigkeit ungehindert gedeihen. Vielleicht kann die AfD diese Leerstelle füllen und somit solche absurden Diskussionen künftig verhindern.

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