Eigentlich hatte ich ja insgeheim gehofft, so bald nicht wieder auf die unterschwellige Manipulation zu sprechen kommen zu müssen, der wir uns im Alltag ausgesetzt sehen. Leider ist es unumgänglich, nachdem in der vergangenen Woche ein besonders krasser Vorgang seinen unheilvollen Lauf genommen hat.
Wie in den Medien hinreichend und gewohnt tendenziös abgedeckt, fand am vorvergangenen Wochenende der außerordentliche Burschentag der Deutschen Burschenschaft (DB) in Stuttgart statt. Die bereits seit eineinhalb Jahren fortschreitende Kriminalisierung des gesamten Verbandes wurde im Vorfeld der Stuttgarter Zusammenkunft noch einmal auf die Spitze getrieben; im Kielwasser dieser Entwicklung schlug sich denn auch die Präsenz einiger DB-Burschenschafter im traditionellen Vollcouleur, also mit Band und Mütze, auf einer Absolventenfeier der FU Berlin medial entsprechend nieder – und dient nun als Vehikel, den CDU-Staatssekretär Büge ins Straucheln zu bringen.
Während sich „Verbindungsexperten“ wie die Gießener Politologin Alexandra Kurth vor Expertisen-Anfragen kaum retten können und gewisse korporations-verschwörungstheoretische Blogbetreiber wohl vor lauter Erregung kaum noch zum Schreiben kommen, hat nun ausgerechnet der öffentlich-rechtliche Sender 3sat, der noch 2011 aus Kostengründen ganz erheblich Federn lassen mußte, den Vogel vollends abgeschossen.
Unterschwelliger Fingerzeig mit Hitlerbild
Am Montag, dem 26. November, wurde im Format Kulturzeit, das sich bereits im vergangenen Jahr in einem Bericht über das Rittergut Schnellroda von seiner besten Hysterieseite zeigte, vorhersehbarerweise auch ein Beitrag zum Burschentag gezeigt. Selbstredend nicht ohne das übliche, sozialwissenschaftliche Phrasendauerfeuer; „demokratischer Volkstumsbegriff“ – was soll denn bitte DAS sein?! Darüber hinaus stellt der Beitrag mehrere, durch einfache Recherche widerlegbare, Behauptungen auf, etwa daß FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Angehöriger eines Mitgliedsbundes der DB sei. Auch habe der umstrittene ehemalige Schriftleiter des Verbandsorgans Burschenschaftliche Blätter, Norbert Weidner, wegen der Bezeichnung Dietrich Bonhoeffers als „Landesverräter“ bereits vor Gericht gestanden – die Verhandlung ist tatsächlich jedoch auf Anfang 2013 verschoben worden. Ferner wurden Sequenzen vom außerordentlichen Burschentag und dem im Januar 2012 stattgefundenden Ball des Wiener Korporationsrings kommentarlos miteinander vermischt.
Und dann… Dann kam bei Minute 2:57 dieser Sekundenbruchteil, der viele korporierte Zuschauer ungläubig innehalten ließ. Dort nämlich blendete die Kulturzeit, neben aller martialischer Musikuntermalung, tatsächlich ein Hitlerbild ein. Die Fotografie, auf der der Diktator inmitten von Wehrmachtssoldaten den Reichsbischof Müller begrüßt, stammt vom NSDAP-Parteitag 1934. Nach kurzer Rückversicherung darüber, ob wirklich alle diesen kaum unterschwelligen Fingerzeig gesehen hatten, brach innerhalb von zwei Stunden auf der Kulturzeit-Seite bei Facebook wie auch anderswo ein Entrüstungssturm aus.
Die Folge des ganzen? Am nächsten Tag nahm 3sat den Bericht kurzzeitig aus der Mediathek – nur, um ihn anschließend wieder (samt Hitler) einzustellen. So bot der Dienstag einen hübschen Zeitvertreib für diejenigen, die sich mit dem medialen Elend hierzulande herumschlagen mochten, ehe zum Abend bei Facebook eine mehr als lahme Entschuldigung („versehentlich“, „technischer Fehler“) veröffentlicht wurde. Für eventuelle rechtliche Schritte wurde der ursprüngliche Beitrag gesichert und kann hier angesehen werden.
Manipulation wohin man guckt
Selbstverständlich war das ein Versehen, schließlich liegen in deutschen, öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten allüberall Hitlerbilder herum – da kann schon mal versehentlich eines in einen Beitrag hineinrutschen, der gar nichts damit zu tun hat. Es muß eben nicht immer die klar erkennbare Manipulation durch Anmoderation und Kommentierung (wie auch beim „zwischentag“-Beitrag) oder theatralische Inszenierung, wie Hintergrundmusik, sein… Der totale Knopp wird ja auch irgendwann langweilig.
Und da wundere sich noch jemand über die unlauteren Methoden der Privatsender, die ausgerechnet Frau Reschke von Panorama meinte, aufdecken zu müssen. Erich Arthur Blair, seiner Zeit deutlich voraus, hat sicher nicht kommen sehen, daß auch das Abfassen eines Tagebuchs irgendwann einmal niemanden mehr retten würde.