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Private Demonstrationsverbote

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Am vergangenen Wochenende bin ich in eine Anti-Atom-Demo in Frankfurt am Main geraten. Natürlich sind die üblichen Langhaarigen in gebatikten bunten T-Shirts barfuß auf den Frankfurter Römer gekommen. Aber auch viele ältere Menschen waren anwesend und zahlreiche Demonstranten haben wahrscheinlich eine relativ weite Anreise in Kauf genommen, um gegen Atomkraft zu protestieren. All diese Menschen bewundere ich immer wieder hinsichtlich ihres Engagements, das sie für ihre Überzeugung an den Tag legen.

Zum einen interessiert es oft nur wenige Menschen, ob irgendwo eine Demo für oder gegen etwas stattfindet – und trotz des Desinteresses eines Großteils der Bevölkerung wird sie veranstaltet. Zum anderen war es zum Zeitpunkt der Demonstration schon sicher, daß die Bundesregierung die Laufzeiten der Kernkraftwerke kürzen wird – trotzdem opfern diese Menschen ihren Samstag, um nochmals ihre Meinung kundzutun und zu protestieren. Das jeder deutsche Bürger das Recht haben sollte, friedlich seine Meinung kundzutun, sollte selbstverständlich sein. Warum auch nicht?

Eine wohl nicht so reibungslos verlaufende Demonstration bahnt sich in der üblichen Art und Weise gerade in Gießen an. Denn in der Universitätsstadt haben die hessischen Landesverbände der NPD und der Jungen Nationaldemokraten für den 16. Juli 2011 eine Demonstration unter dem allgemeingehaltenen Titel „Das System ist am Ende – Wir sind die Wende!“ angemeldet. Und natürlich formiert sich in Gießen der Widerstand gegen so einen „Aufmarsch“. Und das, obwohl viele „Autonome“, Linke und Linksradikale die Erklärung der NPD wahrscheinlich blind unterzeichnen könnten, da sie der gleichen politischen Meinung sind.

Überzeugen durch Argumente

Die NPD Hessen nennt den Grund der Demonstration auf ihrer Internetseite: „Eine Reihe von Zockerbanken wurden in den letzten Monaten mit Milliardensummen an noch gar nicht eingenommenem Steuergeld wiederbelebt und werden dadurch künstlich am Leben gehalten, um einen endgültigen wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verhindern.

Die Kunstwährung Euro wird gegen den Willen des Volkes ebenfalls mit den mühsam verdienten Steuergroschen der Deutschen am Leben erhalten, Unsummen wurden Europas Pleitier Nummer Eins, Griechenland, in den Rachen geworfen. Irland, Portugal und Spanien stehen kurz davor, das Schicksal der Griechen zu teilen. … Aus all dem folgen nun gewaltige Einschnitte in das Sozialsystem, denn wie immer hat es die etablierte Politik nicht auf Besserverdienende, sondern auf ohnehin schon sozial Benachteiligte abgesehen, wenn es darum geht, den im Morast feststeckenden Wirtschaftskarren aus selbigem wieder herauszuziehen. Auf die Dauer wird sich diese Politik bitterböse rächen und aus diesem Grunde möchte die NPD im kommenden Jahr auf die Straße gehen, um ein Zeichen gegen Zockerbanken, Rekordverschuldung und Sozialabbau zu setzen.“

Den Gegnern der politisch unbedeutenden NPD geht es nicht darum, sich mit den Themen dieser Partei auseinanderzusetzen. Und das, obwohl nur der argumentative Meinungsaustausch die einzige Möglichkeit ist, so einer Partei Sympathisanten und Wähler(stimmen) zu entziehen. Nur wer Menschen mit den besseren Argumenten überzeugt, kann sie meines Erachtens nachhaltig zu einem Tun oder einem Unterlassen bewegen. Bei einem Wähleranteil der NPD von etwa einem Prozent könnte man als Demokrat den Demonstrationszug auch durch Ignorieren hinnehmen.

Einer Demokratie unwürdig

Keine der etablierten Parteien oder Gegendemonstranten will sich wirklich argumentativ mit der NPD auseinandersetzen und sich einer Diskussion stellen. Die mittelhessischen Provinz-Politiker feiern sich lieber als gute Demokraten und klopfen sich als zivilcouragierte Bürger gegenseitig auf die Schultern. Hauptsache, man hat „irgendwas“ verhindern können. Deswegen heißt es unisono: „Wir wollen erreichen, daß keine Demonstration der NPD in Gießen stattfindet.“ und „Gießen ist eine weltoffene Stadt.“ Aber gerade das, die Behinderung anderer bei ihrer Meinungsäußerung – auch nur durch zivilen Ungehorsam –, ist einer Demokratie und einem Rechtsstaat unwürdig.

Es stimmt: Gießen soll bunt bleiben. Aber trotzdem sollten alle Parteien in Gießen ohne Einschränkungen demonstrieren dürfen. Denn Gießen will ja offen, respektvoll und tolerant, auch gegenüber „politischen Überzeugungen“, sein. Man darf gespannt sein, wie tolerant sich Gießen an diesem Tag zeigt.

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