Der Wind dreht sich – das war am vergangenen Wochenende erneut zu spüren. Am Freitag konnte die Bibliothek des Konservatismus (BdK) den fünften Jahrestag ihrer Eröffnung mit prominenten Festrednern feiern, am Samstag wurde zum zehnten Mal der Gerhard-Löwenthal-Preis verliehen. Noch nie waren unter den Gästen so viele Abgeordnete und Journalisten unterschiedlicher Publikationen vertreten. Es herrscht Aufbruchstimmung.
Bei der Podiumsdiskussion in der BdK zum Thema „Neue Medien“ hob der Publizist Roland Tichy hervor, wie stark eine Gegenöffentlichkeit durch soziale Netzwerke, Blogs und neue Zeitschriftenformate inzwischen geworden sei. Etablierte Politik und alteingesessene Verlage sind hypernervös wegen der sich verschiebenden Gewichte, der Wanderungsbewegungen von Lesern und Wählern.
Pioniere der Gegenöffentlichkeit
Ein erfahrener Journalist des Print-Gewerbes und Vorreiter dieser Gegenöffentlichkeit, Bruno Bandulet, wurde mit dem Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis ausgezeichnet. Die Laudatio auf ihn hielt Manfred Brunner. Beide sind politische und publizistische Pioniere des Kampfes gegen den Euro und die vorschnelle Preisgabe nationaler Souveränitätsrechte an Brüssel.
Anba Damian, Bischof der koptischen Christen in Deutschland, würdigte die Preisträgerin Sabatina James, die insbesondere für ihren publizistischen Einsatz für verfolgte Christen geehrt wurde. Wie brisant der islamistische Terror ist, unterstrich der Stunden zuvor verübte schwere Anschlag des IS auf der Halbinsel Sinai, bei dem über 300 Menschen getötet wurden. Der Bischof mußte deshalb die Feier vorzeitig verlassen. Sabatina James selbst konnte den Preis nicht persönlich entgegennehmen, weil sie sich wegen Morddrohungen nicht mehr in Deutschland aufhalten kann.
Wichtig für den Diskurs
Von Martin Mosebach wird im kommenden Jahr ein Reisebuch, „Die 21“, erscheinen, das von den 21 koptisch-christlichen Märtyrern erzählt, die von IS-Terroristen 2015 in Libyen enthauptet wurden. Bischof Damian führte ihn zu den Familien der Ermordeten. Das Buch will die Namenlosen dem Vergessen entreißen. Eine Leserin schilderte am Rande empört, wie sie einen katholischen Bischof auf das Thema Christenverfolgung angesprochen habe. „Es sind doch nur Kopten“, habe dieser geantwortet und sich desinteressiert weggedreht. Das muß sich ändern!
Manfred Brunner hob bei Bruno Bandulet eine besondere Eigenschaft hervor. Dieser habe im anderen Menschen nie „nur das eine gesehen, was er im Moment verkörpert“, sondern sei immer bereit gewesen, „ihn als Ganzes zu sehen und auch in seinen mißglückten Aktionen noch als ein Gegenüber“, als einen Gesprächspartner, der wichtig für den Diskurs sei. Ein bedenkenswerter Appell, sich nicht in simple Feindbilder und einfache Erklärungen zu flüchten.
JF 49/17