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Streiflicht: Wolken über Dresden

Streiflicht: Wolken über Dresden

Streiflicht: Wolken über Dresden

Tag der Einheit
Tag der Einheit
Pegida-Anhänger am Tag der Einheit in Dresden: Empörung über Entmündigung des Bürgers Foto: picture alliance / dpa
Streiflicht
 

Wolken über Dresden

Was haben Politiker erwartet, als sie am Montag nach Dresden kamen, um den Tag der Deutschen Einheit zu begehen? Gerade den Sachsen, die den revolutionären Kern von 1989 bildeten, ist besonders erinnerlich, wie eine abgeschottete Obrigkeit über das Volk hinweg Politik durchzusetzen versuchte. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Was haben sich Politiker erwartet, als sie am Montag nach Dresden kamen, um in der sächsischen Landeshauptstadt den Tag der Deutschen Einheit zu begehen? Eigentlich sollten an so einem Tag die politischen Konflikte ruhen, stünde im Vordergrund die Freude über die glückliche Einheit des Landes, die von den Bürgern erzwungene historische Wendung, die 1989/90 darin mündete, daß unsere zerrissene Nation wieder zusammenfand.

Doch anstelle von Sonnenschein verdunkelten graue Wolken den Himmel über Frauenkirche und Zwinger, und die Straßen säumten bei kaltem Regen nicht nur festlich gestimmte Bürger, sondern auch zahlreiche Demonstranten, die die von Polizisten eskortierten Politiker mit lautem Protest empfingen.

Trillerpfeifen und „Volksverräter“-Rufe

Auf einem Video sieht man Bürger, die der Grünen-Politikerin Claudia Roth auf dem Weg zum Festakt „Hau ab!“ entgegenrufen. Sie geht auf diese zu und will wissen, warum man sie als „Volksverräterin“ beleidigt. Daraufhin erinnert ein Protestler sie daran, daß sie bei einer Anti-AfD-Demonstration mit Linksextremisten unterwegs war, die Parolen wie „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ gerufen hatten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck und sächsische Landesminister wurden mit Trillerpfeifen und „Volksverräter“-Rufen empfangen. Eine Atmosphäre, die für die Zerrissenheit des Landes in der Asylpolitik steht.

Bundestagspräsident Norbert Lammert wendete sich in seiner Rede in der Semperoper direkt an die Demonstranten, denen er „offenkundig das geringste Erinnerungsvermögen“ daran vorhält, „in welcher Verfassung sich diese Stadt und dieses Land befunden haben, bevor die deutsche Einheit möglich wurde“.

Man kann es aber auch umdrehen: Gerade den Sachsen, die den revolutionären Kern der Wende von 1989 bildeten, ist besonders erinnerlich, wie eine abgeschottete Obrigkeit über das Volk hinweg eine Politik durchzusetzen versuchte, die sich längst delegitimiert hatte. Und sie waren auch 1989 nicht für die deutsche Einheit auf die Straße gegangen, um die nationale Identität in einem wiedervereinigten Deutschland bei nächster Gelegenheit wieder aufgeben zu müssen.

Empörung über Entmündigung des Bürgers

Ein erheblicher Teil der Wut, die sich im Osten auf Demonstrationen entlädt, rührt auch daher, mit welcher Arroganz auf den Wunsch nach Heimatbewußtsein, Identität und nationalem Zusammenhalt reagiert wird. Es gibt eine berechtigte Empörung darüber, wie die realsozialistische Entmündigung der Bürger durch die nächste Zwangsbeglückung abgelöst werden soll.

Die Utopie, aus Deutschland eine „bunte Republik“ mit einer beliebig austauschbaren Bevölkerung zu machen, der die nationale Bindung genommen wird, begeistert vielleicht eine Mehrheit der politischen Klasse, kaum aber der Bürger. Übrigens auch nicht im Westen.

JF 41/16

Pegida-Anhänger am Tag der Einheit in Dresden: Empörung über Entmündigung des Bürgers Foto: picture alliance / dpa
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