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Marc Jongen, ESN Fraktion
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Streiflicht: Deutsche Selbstbehauptung

Streiflicht: Deutsche Selbstbehauptung

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Stauffi
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Streiflicht
 

Deutsche Selbstbehauptung

In der Euro-Krise zeigt es sich: Deutschland hat größte Schwierigkeiten, sein nationales Interesse zu artikulieren. Genauer: Es beginnt schon mit der Schwierigkeit, die Artikulation eines nationalen Interesses überhaupt für legitim zu halten. Ein Kommentar von Dieter Stein.
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Gedenktafel für Stauffenberg und die Verschwörer des 20. Juli an der „Wolfsschanze“ in Rastenburg Foto: JF

In der Euro-Krise zeigt es sich: Deutschland hat größte Schwierigkeiten, sein nationales Interesse zu artikulieren. Genauer: Es beginnt schon mit der Schwierigkeit, die Artikulation eines nationalen Interesses überhaupt für legitim und selbstverständlich zu halten. Unseren Eliten wäre es am liebsten, das Nationale löste sich im Europäischen rückstandslos auf, nicht weil das Nationale so mächtig, sondern weil es so unbequem ist.

Alle anderen europäischen Nationen haben die Selbstbehauptung quasi mit der Muttermilch aufgesogen – die Deutschen hingegen haben nach zwei verlorenen Weltkriegen und dem Trauma der NS-Diktatur ein psychisches Problem, als politisches Subjekt überhaupt existent zu sein. Dazu diese vertrackte Mittellage und trotz demographischer Entwicklung das immer noch schwere Gewicht von knapp 80 Millionen Einwohnern.

Thilo Sarrazin machte jüngst die Öffentlichkeit darauf aufmerksam, wie mächtig die deutsche Vergangenheit die aktuelle Politik beeinflußt. Die Euro-Rettungspolitik sei nämlich „getrieben von jenem sehr deutschen Reflex, wonach die Buße für Holocaust und Weltkrieg erst endgültig getan ist, wenn wir alle unsere Belange, auch unser Geld, in europäische Hände gelegt haben“. Die Auflösung der D-Mark im Euro ist Sinnbild der deutschen Sehnsucht nach Transformation in eine europäische, aprilfrische Identität, die uns die tonnenschwere Last der Vergangenheit von den Schultern nehmen soll.

Das Volk befindet sich in der psychologischen Geiselhaft Hitlers

Dieser deutsche „Reflex“ (Sarrazin) entspringt dem vom Kollektivschuldvorwurf abgeleiteten Zwang zur Selbstaufgabe. Noch immer befindet sich das deutsche Volk so in der psychologischen Geiselhaft Adolf Hitlers und der Verbrechen seines Regimes. Dem Vorwurf eines totalen moralischen Bankrotts steht das Vermächtnis des deutschen Widerstandes entgegen, und nicht von ungefähr ist die Erinnerung an die Erhebung des 20. Juli 1944 in Deutschland auch so verdruckst.

Dessen Größe, so schrieb Joachim Fest einmal, sei „der Öffentlichkeit noch immer auf merkwürdige Weise verdeckt“. Begründet doch der von ethischen Motiven getriebene Aufstand dieser deutschen Patrioten zur Wahrung von Ehre und Einheit der Nation eine ungebrochene Legitimität deutscher Selbstbehauptung, die auch vom totalen Zusammenbruch nicht aufgehoben wurde.

Die aktuelle Euro-Rettungspolitik führt plastisch vor Augen, unter welchen selbstauferlegten Opportunitätsdruck Funktionseliten auch in einer Demokratie geraten können, ob sie nun 1933 das Ermächtigungsgesetz durchwinkten – oder heute den ESM-Pakt. Um so größer erscheint uns Nachgeborenen der Mut der Männer um Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Henning von Tresckow, im Krieg, in einer Diktatur und in einem auf Befehl und Gehorsam aufgebauten Apparat ihr Leben zu opfern – für Deutschlands Ehre.

JF 29/12

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