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„Correctiv“, die RAF und das Innenministerium: Kaisers royaler Wochenrückblick

„Correctiv“, die RAF und das Innenministerium: Kaisers royaler Wochenrückblick

„Correctiv“, die RAF und das Innenministerium: Kaisers royaler Wochenrückblick

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick. Dieses Mal geht es um die Linkspartei, Corona und das Verhältnis zwischen Staat und Medien Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick. Dieses Mal geht es um die Linkspartei, Corona und das Verhältnis zwischen Staat und Medien Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
„Correctiv“, die RAF und das Innenministerium
 

Kaisers royaler Wochenrückblick

Harte Zeiten für die politische Linke: Das Innenministerium verliert gegen Henryk M. Broder, „Correctiv“ muß weiter zurückrudern und für ein bisher untergetauchtes RAF-Mitglied ist das gemütliche Leben mitten in Berlin vorbei. Boris T. Kaiser blickt zurück.
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Die Woche war gar nicht so schlecht. Was früher als eher mittel zufriedenes Resümee gegolten hätte, klingt in Deutschland 2024 nahezu euphorisch. Die guten Nachrichten sind mittlerweile so rar geworden, daß schon einige wenige innerhalb von sieben Tagen ein inneres Frühlingsfest der guten Laune auslösen können. Wobei es natürlich wie immer darauf ankommt, von welcher Seite man die Dinge betrachtet.

Aus der linken Perspektive bot die vergangene Woche wohl recht wenig Anlaß zur Freude. Wurde in dieser doch tatsächlich die Meinungsfreiheit ihrer politischen Gegner gestärkt. Das ganze sogar mit richterlichem Stempel und – wenn auch unfreiwillig – auf höchster politischer Ebene.

Das Bundesinnenministerium (BMI) mußte eine Studie, in der nahezu jede kritische Äußerung über Anhänger des Islams als muslimfeindlich diskreditiert wurde, einstampfen. Das 400 Seiten dicke ideologische Machwerk, das unter dem Titel „Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz 2023“ erschienen war, wurde bereits im Jahr 2020, damals noch unter Führung von CSU-Heimatminister Horst Seehofer in Auftrag gegeben und finanziert. Der Auftrag zu der Studie war wohl im Wesentlichen eine Reaktion auf den Anschlag in Hanau, bei dem ein von paranoiden Wahnvorstellungen getriebener Attentäter zehn Menschen, von denen neun einen Migrationshintergrund hatten, ermordet hatte.

Broder gerät ins Visier

Eine solche Tragödie dürfte wohl kaum einen Menschen kaltlassen. Auch Politiker und staatlich beauftragte sogenannte Experten sind nur Menschen. Es wäre daher unfair, ihnen in so einer Situation gleich die bösesten Absichten zu unterstellen. Was man von ihnen als Bürger aber verlangen darf ist, daß sie ihrer Aufgabe und ihrer Verantwortung auch und gerade in solch einer bedrückenden Situation gerecht werden.

Seehofer war bei Fertigstellung des von ihm beauftragten Berichts nicht mehr im Amt. Man kann also schwer sagen, wie er auf das, was sein Expertenrat da letztendlich abgeliefert hat, reagiert hätte. Zumindest muß man ihm, angesichts des Ergebnisses, aber im besten Fall ein sehr schlechtes Händchen bei dessen Besetzung attestieren. Die „Experten“, die zweieinhalb Jahre an der Untersuchung gearbeitet haben, agierten geradezu hysterisch. In ihrer Panik vor einer rechten Terrorwelle machten sie aus jeder noch so inhaltlich begründeten Ablehnung des Islams als religiöse Weltanschauung Rassismus – und damit aus jedem Islamkritiker einen Rassisten. Einer von ihnen war der jüdische Publizist Henryk M. Broder.

Der Autor habe sich in einem Spiegel-Artikel aus dem Jahr 2010 (!) für „eine uneingeschränkte Anwendung der Meinungsfreiheit“ starkgemacht, „während er Aufrufe zur Deeskalation und Rücksichtnahme offen verhöhnte und Muslim*innen pauschal als unwissende, ehrversessene, blutrünstige Horden dämonisierte“, heißt es in dem Papier.

Innenministerium verliert gegen Publizisten

Dazu sollte man wissen, daß es in dem damaligen Text um die gewalttätigen Unruhen, die es in muslimischen Ländern nach Erscheinen des Romans „Die Satanischen Verse“ von Salman Rushdie und nach den Mohammed-Karikaturen in der dänischen Zeitung Jyllands-Posten gab, ging – und nicht etwa um eine Relativierung rechten Terrors oder die Verteidigung irgendeines antimuslimischen und/oder rassistischen „Haß-Postings“ im Internet, auch wenn der Bericht nicht zuletzt durch seine unsaubere Gesamtzusammenstellung das suggerierte.

Gegen diese Darstellung, die so auch auf der Internetseite des BMI veröffentlicht wurde, ging Broder juristisch vor und errang so einen Sieg vor Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Dieses erließ eine einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung. Die Richter betonten dabei, daß es zwar erlaubt sei, ein negatives Urteil über den Kolumnisten zu fällen, daß das Ministerium dabei aber hätte klarmachen müssen, daß er keine „amtliche“ Position sei.

Nun könnte man natürlich fragen, warum ein deutsches Ministerium überhaupt irgendwelche „Privatmeinungen“ über Schriftsteller veröffentlichen sollte – oder, warum es grundsätzlich offenbar in Ordnung sein soll, wenn eine Regierung solche Einschätzungen über Andersdenkende auf Steuerzahlerkosten in Auftrag gibt.

„Correctiv“ muß sich erneut korrigieren

Im vorliegenden Fall haben sich diese Fragen allerdings erst einmal erledigt. Nach wohl reichlicher Überlegung infolge des Urteils haben sich die Verantwortlichen im Innenministerium diese Woche dafür entschieden, die veröffentlichte Studie nicht durch einen „distanzierenden“ Zusatz zu ergänzen, sondern stattdessen lieber den gesamten Text von seiner Homepage zu nehmen. Zudem seien die „200 restliche Druckexemplare des Berichts entsorgt“ worden, wie der Anwalt von Broder in einer Antwort gegenüber den Medien erklärte.

Auch das radikal linke „Recherche“-Portal „Correctiv“ mußte in dieser Woche eine juristische Niederlage einstecken. Die Pressekammer des Landgerichts Hamburg hat „Correctiv“ eine falsche Tatsachenbehauptung über den Staatsrechtler Ulrich Vosgerau untersagt. In seinem von Fehlern und Halbwahrheiten strotzenden Beitrag „Geheimplan gegen Deutschland“ hatte die Plattform über den Staatsrechtler Ulrich Vosgerau behauptet, er habe massenhafte Beschwerden zur Anfechtung von Wahlen empfohlen. Wie so vieles in dem inzwischen für seine unsaubere Recherche fast schon legendären Artikel über das vermeintliche „Geheimtreffen“, bei der rechte Politiker und Denker über die „Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland“ gesprochen haben sollen, entsprach auch diese Aussage nicht der Wahrheit.

Im Gegensatz zu vielen anderen Textpassagen konnte die „Correctiv“-Redaktion diese Fehldarstellung aber nicht mit ihrem klassischen „das haben wir so gar nicht geschrieben“ schönreden und sich mit ihren bewusst ungenauen Formulierungen verteidigen, weshalb das Gericht nun auch entschied, daß der entsprechende Satz komplett aus dem Pamphlet gestrichen werden muß.

Das ruhige Leben der RAF-Oma

Deutlich weniger erfreut als Rechte und Konservative dürfte zumindest die extreme Linke über die Festnahme der RAF-Terroristin Daniela Klette in dieser Woche gewesen sein. Zumal diese dazu geführt zu haben scheint, daß die Behörden jetzt auch die Suche nach den übrigen noch nicht gefassten Mitgliedern der Terrorgruppe wieder intensiviert haben.

So sind dieser Tage die Fotos von Klettes Komplizen Burkhard Garweg in sämtlichen deutschen Medien zu sehen. Wo die zwischen 2021 und 2024 entstandenen Bilder aufgenommen wurden, ist noch unbekannt. Klette selbst lebte bis zu ihrer Festnahme am Montag in Berlin – wie es aussieht – ein relativ unbeschwertes Leben. Sie veröffentlichte fröhlich Videos und Fotos auf ihrem Facebookprofil. Große Angst, daß deswegen bald die Polizei bei ihr vor der Tür stehen könnte, hatte sie offenbar keine. Warum auch? Sie hat schließlich kein rechtes Gedankengut gepostet. Stattdessen ließ sich das einstige RAF-Mitglied (von wem auch immer) für ihre Beiträge gerne im Wald oder am Seeufer fotografieren. Rund 13 Jahre lang wurde sie dafür weder gesperrt noch eingesperrt.

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
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