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Öffentlich-Rechtliche klären über Linksextremismus auf: Im Funkloch des Irrsinns

Öffentlich-Rechtliche klären über Linksextremismus auf: Im Funkloch des Irrsinns

Öffentlich-Rechtliche klären über Linksextremismus auf: Im Funkloch des Irrsinns

Linksextreme sind doch viel harmloser als Rechtsextreme, meint man jedenfalls bei den öffentlich-rechtlichen Nachwuchsjournalisten Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Willnow
Linksextreme sind doch viel harmloser als Rechtsextreme, meint man jedenfalls bei den öffentlich-rechtlichen Nachwuchsjournalisten Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Willnow
Linksextreme sind doch viel harmloser als Rechtsextreme, meint man jedenfalls bei den öffentlich-rechtlichen Nachwuchsjournalisten Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Willnow
Öffentlich-Rechtliche klären über Linksextremismus auf
 

Im Funkloch des Irrsinns

Potzblitz! Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Da will das „Content-Netzwerk“ von ARD und ZDF doch tatsächlich über Linksextremismus informieren. Das Ergebnis ist jedoch ein ziemlicher Eiertanz, der auch als Tragödie durchgehen könnte. Ein Kommentar.
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Der Publizist Henryk M. Broder schrieb jüngst in seiner Kolumne für die Welt eine eindringliche Warnung vor dem geplanten „Gesetz zur Förderung einer wehrhaften Demokratie“. Das Urgestein unter den Polit-Polemikern kritisierte unter dem Titel „Linksextremismus als harmloses Freizeitvergnügen“, daß es den Machern des Gesetzes offenkundig lediglich um die „Präventionsarbeit der zivilgesellschaftlichen Projekte“ gegen jeden potentiell aufkeimenden Rechtsextremismus gehe, während von Linksextremisten keine Rede sei.

Immerhin: Mit ihrer Kritik an der allgemeinen Verharmlosung des politischen Extremismus von links stehen einst einsame Mahner wie der Betreiber der „Achse des Guten“ längst nicht mehr allein da.

Das bemerkten nun auch die jungen Köpfe des öffentlich-rechtlichen Medienangebots „Funk“. Für die, die das „Content-Netzwerk“ von ARD und ZDF für die Zielgruppe der 14- bis 29Jährigen nicht kennen, soll hier eine Erklärung geliefert werden. Würden Joko und Klaas mit Hilfe progressiver Wissenschaftler ein gemeinsames Kind zeugen, dieses dann täglich in die Obhut von Anja Reschke und Annalena Baerbock geben, bevor es am Abend zum Babysitten an Carolin Kebekus oder Lady Bitch Ray übergeben wir, dann dürfte das Kind mit Eintreten in die Pubertät die ideale Reife für einen Job in der „Funk“-Redaktion erlangt haben.

Auch Innenminister Seehofer habe Gefahr von Rechts erkannt

Eines dieser Geisteskinder beschäftigte sich kürzlich tatsächlich in einem Video mit der Frage: „Wird Linksextremismus verharmlost?“ Wie viel Bock der Mittdreißiger Jan Schipmann, der sonst gerne auf YouTube über seine Familienplanung spricht („Man schneidet sich bei einer Sterilisation nicht die Eier ab!“), auf das Thema hatte, war schon am Anfang des Beitrags klar.

Da betonte der Journalist zunächst, daß Rechtsextremismus eine „riesige Bedrohung“ sei, worauf sich die „meisten Menschen“ einigen könnten, so daß auch Innenminister Horst Seehofer es „mittlerweile verstanden“ habe. „Aber wir kennen das“, klagt der Journalist, „sobald wir ein Video über Rechtsextremismus machen, kommen Leute und sagen: Aber Linksextremismus ist doch genauso schlimm“.

Nun, besonders gefruchtet haben diese Beschwerden bei den Machern bislang jedenfalls nicht. Den 13 Treffern zum Suchbegriff „Rechtsextremismus“ stehen auf der Seite nur drei zum Thema Linksextremismus gegenüber.

Linksextreme Kontakte im Bundestag rücken ins Blickfeld

Die Frage nach der angeblichen Verharmlosung des Linksextremismus sei ein „unfaßbar aufgeladenes Thema“. Dabei hätte doch hier der schöne Versprecher von Bruno Labbadia wie die Faust aufs Auge gepaßt. Der ehemalige Fußballprofi sagte einst: „Das wird alles von den Medien hochsterilisiert.“

Aber Selbstironie war nie die Stärke linker Meinungsmacher. Stattdessen versucht Schipmann das Thema „nüchtern“ zu betrachten.

„Ist Rechtsextremismus nicht doch viel gefährlicher? Und was hat das alles mit einem Hufeisen zu tun?“, fragt Schipmann, während er einem ins Bild fliegenden Hufeisen ausweicht und damit beweist, daß er und sein Team durchaus einen Sinn für Ironie und Wortspiele haben; solange sie nicht lustig sind. Immerhin verspricht er: „Ich verrate euch in diesem Video, wo der Bundestag Kontakte zu Linksextremen hat.“

Der Toiletten-Bär erklärt die Vielfalt des Linksextremismus

Erleben wir hier eine positive Überraschung? Die Antwort lautet: nein. Der tätowierte Berufsjugendliche will in seinen Ausführungen erst einmal ganz grundlegenden Fragen nachgehen: Was wollen Linksextreme überhaupt? Was steckt hinter deren Krawallen? Er betont aber zugleich: „Linksextremismus in eine Definition zu gießen, das ist ungefähr so kompliziert, wie auf’m Klo nebenher „Das Kapital“ von Marx und Engels durchzulesen. Das geht nicht.“

Damit dürfte der intellektuelle Horizont des öffentlich-rechtlichen Erklär- und Toiletten-Bärs ebenso klar sein wie die Tatsache, daß das, was hier nach durch Zwangsgebühren finanzierter linker Propaganda für Jugendliche riecht, eben genau das ist.

Schipmann erklärt, wie „mega vielfältig“ die linksextreme Szene ist. Alle Linksextreme seien laut der Definition des Verfassungsschutzes „vor allem gegen den Kapitalismus“. Aber – und erst an dieser Stelle scheint es für den junggebliebenen Staatsfunker wirklich problematisch zu werden – „auch gegen unsere Demokratie“. Dies sei natürlich ein Problem für unseren Rechtsstaat.

Schuld sind die „mega vielen“ AfD-Plakate

Der linke Videomacher gesteht zu, daß die Zahl der linksextremen Straftaten 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent angestiegen ist. Als guter Journalist hat er sich aber natürlich die Zahlen genauer angeschaut und siehe da: „Es wurde niemand umgebracht“ und es gab lediglich „zwei versuchte Tötungsdelikte“. Brandstiftung sei „ein bißchen hochgegangen“, dafür die Zahl der Körperverletzungen aber auch „ein bißchen runter“. Das würde aber ja nun alles nicht die 40 Prozent Steigerung bei den Straftaten von Linksextremisten erklären. Diese fänden hauptsächlich im Bereich der Sachbeschädigung statt.

„Aber warum ist das so? Was ist da passiert?“, überschlägt sich der Genosse der Genossen fast vor Relativierungsbegeisterung. Zur Aufklärung dieses Mysteriums greift er ausgerechnet auf eine Analyse des sogenannten Recherche-Portals „Volksverpetzer“ zurück. Und was hat der objektive Volksverpetzer herausgefunden? „Daß seit 2019 Angriffe auf Wahlplakate separat als Straftat erfaßt werden“.

Da sei es ja kein Wunder, daß „laut offiziellen Zahlen, mehr als die Hälfte aller linksextremen Sachbeschädigungen überhaupt“ Angriffe auf Wahlplakate gewesen seien. Schließlich waren 2019 Europawahlen und mehrere Landtagswahlen im Osten. „Und da hingen mega viele AfD-Plakate. Es wurden deshalb auch mega viele AfD-Plakate zerstört“. Logisch oder? Ich meine: Hallo?! Was wären das denn bitteschön für Linksextreme gewesen, wenn sie die einfach so hätten hängen lassen.

Schipmann kämpft gegen Hufeisentheorie

Daß die AfD findet, die Politik tue nicht genug gegen linksextreme Straftaten, überrascht den findigen „Faktenfinder“ wenig. Die AfD drifte schließlich selbst „so sehr“ in den Rechtsextremismus ab, daß der Verfassungsschutz jetzt die komplette Partei beobachten wolle. Daß aber auch Politiker aus FDP und Union die Verharmlosung von Linksextremismus kritisieren und diesen sogar mit Rechtsextremismus gleichsetzen, das kann der Hufeisenausweicher nicht einfach so stehen lassen.

Kritiker der Hufeisentheorie seien sich schließlich einig, daß die Unterschiede der beiden Extreme viel größer seien als ihre Gemeinsamkeiten. Auch die politische Wirklichkeit in Deutschland spräche gegen die „vor allem in CDU-Kreisen sehr beliebte Theorie“.

Kontakte der Linkspartei zu Extremisten sind halt „problematisch“

Nach all dem Blabla kommt der Videomacher endlich zu dem Punkt, auf den er schon die ganze Zeit hinaus wollte. „Der schwerwiegendste Unterschied“ sei natürlich die Zahl der Tötungsdelikte. Daß dies nicht wirklich etwas damit zu tun hat, daß Linksextremisten weniger gewaltbereit wären und es immer wieder Opfer ihrer Gewalt gab, übergeht der Jugendaufklärer geschickt. Dafür erwähnt er, daß die Politik doch immerhin die linksextreme Seite Indymedia vom Netz genommen habe. Dabei kann er sich das Lachen kaum verkneifen als er mitteilt, unter welcher Adresse die Gewaltaufrufe und Bekennerschreiben heute zu finden sind.

Gegen Ende des Videos ist es aber soweit, daß Schipmann erwähnt, daß 20 Abgeordnete der Linkspartei nachweislich Kontakte zur linksextremen Szene haben und drei vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Er bezeichnet das Verhältnis der Partei zum Linksextremismus sogar als „teilweise echt problematisch“.

Als Trost bleibt nur Woody Allen

Am Ende sollte aber laut Schipmann das Ziel sein, „daß alle Menschen mit verschiedenen Meinungen ohne Angst vor Gewalt oder anderen Straftaten“ zusammen leben können. Und das bedeute „halt aktuell vor allem, sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu stellen“.

In dem Woody Allen-Fim „Melinda und Melinda“ heißt es: „Komödie ist Tragödie plus Zeit“. Aber was ist, wenn die Zeit nicht vergehen mag und die Tragödie nur von Tag zu Tag größer wird?

Linksextreme sind doch viel harmloser als Rechtsextreme, meint man jedenfalls bei den öffentlich-rechtlichen Nachwuchsjournalisten Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Willnow
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