Wieder einmal hat ein Volk es gewagt, nicht so zu wählen, wie es der Mehrheit der deutschen Journalisten gefällt. Zwar fiel der Sieg des nationalkonservativen Amtsinhabers Andrzej Duda nicht so deutlich aus, wie viele der journalistischen Buntstifte oder vermeintlichen Edelfedern in den Redaktionen der politischen Regenbogenpresse es befürchtet hatten, aber dennoch können die großen Welterklärer in Berlin-Mitte und dem Rest der Republik natürlich nicht zufrieden sein mit dem was die polnischen Wähler da abgeliefert haben.
So nennt die Berliner Zeitung Dudas Wiederwahl auch unverblümt „eine schlechte Nachricht für Deutschland“ und erklärt ihren Lesern: „Warum sich mit ihm kein gemeinsames Europa gestalten läßt.“ Beides dürfte den meisten Polen relativ egal sein. Das genau ist es, was den deutschen Durchschnittsjournalisten zur Weißglut treibt. Daß es noch immer Menschen auf der Welt gibt, die sich einfach nicht für seine wichtige und vor allem richtige Meinung interessieren. Gebiete, die immer noch nicht voll und ganz im Einflußbereich des von ihnen verbreiteten linksliberalen Zeitgeists liegen.
Stolz auf nationale Eigenständigkeit
Kaum ein Volk dieser Erde ist so ideologieresistent wie das polnische. Deshalb beißen sich westliche Ideologen, ganz gleich aus welcher Richtung, an ihm auch regelmäßig die Zähne aus. Wenn Kollektivisten versuchen, das Land in ein grenzübergreifendes, vereinheitlichendes, eurokratisches Korsett zu pressen, verweisen die patriotischen Polen stolz auf ihre nationale Eigenständigkeit – und wenn die ganze Welt die Regenbogenflagge schwingt, stehen die tiefgläubigen Katholiken zu ihren christlichen Werten und pochen unverdrossen auf die unumstößliche Bedeutsamkeit der traditionellen Familie.
Wo in der Geschichte ganze Diktaturen gescheitert sind, hat die von der polnischen Regierung als manipulativ kritisierte Berichterstattung deutscher Medien mit internationalem Anspruch natürlich gleich gar keine Chance. Zumindest in unserem Nachbarland selbst verhallten die deutschen Lobeshymnen auf Dudas Gegenkandidaten, den Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski, als „Hoffnungsträger des liberalen Polens“ mehrheitlich ungehört.
Wobei das knappe Ergebnis durchaus zeigt, daß die progressive Welle, auf der inzwischen die halbe Welt mehr und mehr ins Chaos schippert, auch an den nationalkonservativen Trutzburgen in Osteuropa nicht mehr ganz wirkungslos vorüberschwappt. Fürs erste hat das polnische Volk eine global-ideologische Vereinnahmung aber einmal mehr abgewehrt. Es kann also auch durchaus seine Vorteile haben, wenn man nicht jeden Abend Westfernsehen schaut.