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Youtuber Rezo: Chaos-Trip ins Neuland

Youtuber Rezo: Chaos-Trip ins Neuland

Youtuber Rezo: Chaos-Trip ins Neuland

Chaostrip
Chaostrip
Philipp Amthor (CDU) und YouTuber Rezo Foto: Screenshot YouTube/Rezo ja lol ey / picture alliance/Christoph Soeder/dpa / JF-Montage
Youtuber Rezo
 

Chaos-Trip ins Neuland

Die CDU hat auf den Angriff des YouTubers Rezo maximal unsouverän reagiert und seinem Video damit erst zu politischer Relevanz außerhalb der sozialen Medien verholfen. Ein Lehrstück für gescheiterte Krisen-PR von Björn Harms.
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Es beginnt recht unspektakulär: Der 26jährige YouTuber Rezo, politisch völlig irrelevant und spezialisiert auf Musik- und Comedyclips, setzt sich am 18. Mai vor seinen Rechner, um in einem selbstgedrehten Video seinem Unmut über die CDU freien Lauf zu lassen. Das unter dem Titel „Die Zerstörung der CDU“ laufende YouTube-Video entwickelt sich binnen kurzer Zeit zu einem viralen Hit. Mittlerweile haben es über fünf Millionen Leute gesehen.

Dabei kommt der Inhalt des 55minütigen Machwerks recht populistisch daher. Rezo beschränkt sich auf das übliche linke Lamento: Die Schere zwischen Arm und Reich werde immer größer, für Bildung sei kein Geld da und die Klimakatastrophe käme sowieso. Schuld an dem ganzen Schlamassel: Die CDU, schließlich regiere die seit Jahren das Land. So weit, so simpel.

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Was die angegriffene CDU jedoch anschließend fabriziert, läßt einen wahlweise fassungslos zurück oder grinsend zur imaginären Popkorntüte greifen. Die Ereignisse überschlagen sich: Zunächst meldet sich CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Er wirft dem YouTuber „Falschbehauptungen“ vor, ohne allerdings konkret zu benennen, was falsch sei. „Rezo hat keine Hemmungen, Dinge im Internet einfacher darzustellen, als sie tatsächlich sind“, bedauert Zimiak kopfschüttelnd. „Wir haben da mehr Skrupel, weil wir wissen, wie komplex viele Fragen sind.“ Seine Kanäle in den sozialen Medien werden anschließend von einem Shitstorm überschwemmt.

Im Konrad-Adenauer-Haus glühen die Drähte

Unterdessen beginnen im Konrad-Adenauer Haus die Drähte zu glühen. Da müssen wir doch was machen, heißt es, von wegen junge Leute und so. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer kommt auf die Idee, ein Antwortvideo zu drehen. Sie habe den 26 Jahre alten Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor persönlich angerufen und ihn darum gebeten, das Video einzuspielen, weil er „am besten dafür geeignet“ sei. Was ihn dafür eignet, bleibt sie aber schuldig.

In der Öffentlichkeit bemüht Kramp-Karrenbauer derweil ihre humoristische Seite. „Ich habe mich gefragt, warum wir nicht eigentlich auch noch verantwortlich sind für die sieben Plagen, die es damals in Ägypten gab“, sagt sie. Blöd nur, daß es zehn Plagen waren. Nicht, daß jetzt auch noch wütende Theologiestudenten in die Diskussion eingreifen. Amthor jedenfalls läßt sich auf die Idee seiner Chefin ein und macht sich an die Arbeit. Ein Foto zeigt den 26jährigen im Studio vor einer Kulisse, an der erst kurz zuvor EU-Urgestein Elmar Brok einen absurd unlustigen Wahlwerbespot abgedreht hat.

Danach jedoch passiert – nichts. Wann kommt denn nun das Antwortvideo?

Am Donnerstag morgen meldet sich schließlich das Büro Amthor aus Rostock zu Wort. Amthor werde sich gegen 11:30 Uhr zum eigens gedrehten Video äußern. Eine Stunde später rudert das Büro zurück. Dauert alles noch ein bißchen. Es gebe eine Sperrfrist. „Wir müssen auf die Äußerung von Paul Ziemiak warten.“ Gegen 12:30 Uhr stellt sich Amthor in Rostock vor die Presse. Kommt jetzt das Antwortvideo oder nicht? Amthor rückt seine Brille zurecht.

Der Dreh des Videos habe viel Freude gemacht, allerdings hätte die Partei sich dafür entschieden, daß „die Übermittlung eines Videos, jetzt, in der Diskussion vielleicht nicht der beste Weg ist“. Aus Parteikreisen heißt es: Der CDU-Vorstand befürchte, CDU-Generalsekretär Ziemiak könne politisch beschädigt werden, wenn „ein einfacher Bundestagsabgeordneter“ statt ihm antworte. Die Veröffentlichung müsse gestoppt werden.

Briefe schreiben können wir auch

Mittlerweile merkt wohl auch der letzte in der CDU, was für ein Ei man sich da ins Nest gelegt hat. Einen neuen Versuch zur Rettung übernimmt der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz. In einem öffentlichen Brief bettelt er YouTuber Rezo um Verständnis. Er habe ja im Grunde recht mit seiner Kritik. Polenz hoffe, daß sein Video „zu einem Umdenken in unserer Gesellschaft führt, was die Dringlichkeit der Klimafrage angeht. Hoffentlich tut es das, kann ich nur sagen.“

Briefe schreiben können wir auch, denkt sich da die CDU-Spitze und veröffentlicht auf ihrer Website ebenfalls ein Antwortschreiben. „Die Währung von YouTubern sind Klickraten. Die Währung einer Volkspartei wie der CDU ist Vertrauen“, heißt es darin. Das ist es also, das Krisenmanagement à la CDU. Am Ende bleibt man fragend zurück. Wer zum Teufel ist bei der CDU für PR und Kommunikation zuständig und warum hat dieser noch seinen Job? Da wäre wohl selbst Aussitzen besser gewesen…

Philipp Amthor (CDU) und YouTuber Rezo Foto: Screenshot YouTube/Rezo ja lol ey / picture alliance/Christoph Soeder/dpa / JF-Montage
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