Groß war die Empörung nach der Messerattacke auf den Altenaer Bürgermeister Andreas Hollstein (CDU). Sie sei entsetzt über den Angriff, teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit. „Attacken auf Amtsträger, die sich mit ihrem persönlichen Einsatz für unsere Gesellschaft einbringen, sind verabscheuenswürdig“, mahnte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) schloß sich an: „In unserem Land darf kein Platz sein für Haß und Gewalt.“
Schnell stand für einige Politiker fest, wer die Schuld an der Attacke auf den Bürgermeister trägt. „Dieser Rechtsterrorismus ist die Ernte der Saat des Hasses von AfD & Co.“, schrieb der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck auf Twitter.
Auch Maas gab der AfD eine Schuld an der Verrohung der Gesellschaft, da sie Menschen gegeneinander ausspiele. Noch deutlicher wurde Linken-Chefin Katja Kipping: Wer wie die AfD agitiere, müsse sich vorwerfen lassen, „Gewalttäter wie in Altena regelrecht zum Handeln zu ermutigen“. Bürgermeister Hollstein selbst machte „digitale Brunnenvergifter“ für die Tat verantwortlich. Durch sie sei sein Angreifer zu einem „gefährlichen Werkzeug“ geworden.
„Verbal das Messer gezückt“
Der FAZ-Redakteur Jasper von Altenbockum schrieb in einem Kommentar, das Attentat dürfe nicht als Tat eines alkoholisierten Spinners abgetan werden. „Solche Angriffe sind eine Mahnung an alle, die über Politiker reden, als seien sie Freiwild.“ Wer meine, Politiker seien alles Lügner oder Verbrecher, der zücke schon verbal das Messer.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte als Konsequenz auf die Tat, Angriffe auf Politiker härter zu bestrafen. Solche Attacken seien ein „konkreter Angriff auf die Demokratie“. Daher brauche es eine Verschärfung des Strafrechts.
Wie zur Bestätigung kommt es nur fünf Tage später zu einem weiteren gewalttätigen Übergriff auf einen Politiker. Das Opfer: ein Bundestagsabgeordneter. Das Motiv: politischer Haß. Es ist zwar kein Messer im Spiel, verletzt wird der Parlamentarier aber trotzdem.
Kollektives Desinteresse
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Doch diesmal gibt es keinen Aufschrei der Empörung. Diejenigen, die eben noch eine Verrohung der Gesellschaft beklagten, hüllen sich plötzlich in Schweigen. Kein Heiko Maas, der die Tat verurteilt. Kein Volker Beck, der die vermeintlichen Anstifter anklagt.
Leider haben sich die Befürchtungen bestätigt. Handgelenksbruch und weitere traumatische Verketzungen.
Ich erwarte ein Gespräch mit Herrn Pistorius! Rechtliche Schritte folgen!— Kay Gottschalk MdB (@KayGottschalk1) 4. Dezember 2017
Kein mahnender Journalist, der zur verbalen Abrüstung aufruft, weil doch auf Worte nur allzuleicht Taten folgen können. Keine Titelschlagzeilen, keine Sondersendungen, keine Talkshows. Das kollektive Desinteresse an der Attacke, das demonstrative Schweigen der üblichen Mahner, das Nicht-Verurteilen der Tat, die ausbleibenden Genesungswünsche und Solidaritätsbekundungen – sie haben eine simple Erklärung: Das Opfer, der AfD-Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk der während des Parteitags in Hannover von linksradikalen Störern attackiert wurde, hat schlicht und einfach das falsche Parteibuch.