„Der Sohn soll nicht tragen die Schuld des Vaters“, heißt es im alttestamentarischen Buch Hesekiel. Was im Verhältnis zu Gott gelten mag, sieht in der weltlichen Realität häufig anders aus. Auch Kinder tragen oft indirekt die Konsequenzen für das schuldhafte Verhalten ihrer Eltern. Kinder von Drogenabhängigen etwa haben ein höheres Risiko, selbst auf die schiefe Bahn zu gelangen. Verschulden sich die Eltern und können die Raten für ihr Haus nicht mehr bezahlen, landen auch die Kinder auf der Straße.
Genauso ergeht es nun möglicherweise den rund 850.000 meist aus Lateinamerika stammenden jungen Erwachsenen, deren Eltern mit ihnen illegal in die USA eingereist sind, als sie noch Kinder waren. „Dreamers“ (Träumer) nennen sie die Demokraten und träumen dabei wohl vor allem von künftigen Wählern.
Generalamnestien ermutigen Illegale
Nun hat Justizminister Jeff Sessions das Ende eines vom früheren Präsidenten Barack Obama per Exekutiverlaß verfügten Programms angekündigt, daß die Dreamers vor Abschiebungen schützt und ihnen ermöglicht, eine Ausbildung anzufangen oder etwa einen Führerschein zu machen.
Sechs Monate hat der Kongreß nun Zeit, ein Gesetz zu beschließen, das ihren Status neu regelt. Die Empörung im linksliberalen Amerika ist ebenso laut wie verlogen. Obama hat sich mit dem Erlaß „Deferred Action for Childhood Arrivals“ (Daca) über geltendes Recht hinweg gesetzt. Es ist richtig, nun den Ball zum Gesetzgeber zurückzuspielen. Der sollte eine umfassende Lösung finden, die dem Anspruch gerecht wird, illegale Einwanderung dauerhaft zu reduzieren.
Jede Form von Generalamnestie ermutigt Illegale, sich auf den Weg ins vermeintliche Paradies zu machen. Das geht freilich auch ohne Massendeportationen, von denen manche rechte Hardliner nun bereits frohlocken. Präsident Donald Trump hat angekündigt, in sechs Monaten das Programm erneut unter die Lupe zu nehmen, sollte der Kongreß bis dahin nicht tätig geworden sein.
Keiner fragt nach der Schuld der Eltern
Völlig deplaziert sind in der aktuellen Debatte die Wortmeldungen aus dem Off von Trumps Amtsvorgänger, der seinen Abgang aus dem Weißen Haus offenbar noch nicht verwunden hat. Trumps Entscheidung sei wider den amerikanischen Geist, verkündete Obama in einer schwülstigen Erklärung auf Facebook. Christliche Pastoren fast aller Denominationen stimmen in den Reigen ein und zeigen mit dem Finger auf Trump. Die Verantwortung der Eltern, die US-Gesetze gebrochen und ihre Kinder zu Illegalen gemacht haben, thematisiert hingegen kaum jemand.