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Vorwurf „Lügenpresse“: Einfach nicht einschalten

Vorwurf „Lügenpresse“: Einfach nicht einschalten

Vorwurf „Lügenpresse“: Einfach nicht einschalten

Luegenpresse
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Der Vorwurf der Lügenpresse trifft viele Journalisten Foto: picture alliance/dpa
Vorwurf „Lügenpresse“
 

Einfach nicht einschalten

Na so was: Mehr als die Hälfte der Deutschen, 53 Prozent, fühlen sich von den Medien schlecht und einseitig über die Asylkrise informiert. Sie wollen keine volkspädagogische Bevormundung und Informationsfilterung, sondern die ganze Wahrheit. Auch wenn sie weh tut. Ein Kommentar von Michael Paulwitz.
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Na so was: Mehr als die Hälfte der Deutschen, 53 Prozent, fühlen sich von den Medien schlecht und einseitig über die Asylkrise informiert, hat eine repräsentative Umfrage des Allensbach-Instituts herausgefunden. Und 39 Prozent aller Erwachsenen – in Mitteldeutschland sogar 44 Prozent – würden unterschreiben, daß am Vorwurf der „Lügenmedien“ etwas dran ist.

Seltsam nur, daß so wenige auch Konsequenzen daraus ziehen. Praktisch jeder weiß, daß die Medien einen großen politischen Einfluß haben, 52 Prozent halten den Einfluß sogar für sehr groß. Vier von zehn haben erkannt, daß sie mit der einseitigen Asyl-Berichterstattung manipuliert werden sollen. Trotzdem schlucken mehr als die Hälfte die manipulativ mit ausgeschüttete Botschaft, „zunehmender Rechtsextremismus“ wäre ein Riesenproblem in unserem Land.

Friede-Freude-Eierkuchen-Medienbild

Noch paradoxer: Die generelle Zufriedenheit mit der Qualität der Berichterstattung soll sogar gestiegen sein. Und das, obwohl laut Allensbach das öffentlich-rechtliche Fernsehen und die Tagespresse für das Gros der Deutschen die wichtigsten Informationsquellen über das politische Tagesgeschehen sind.

In der Asylkrise halten allerdings die meisten persönliche Bekannte und Leute, die direkt mit dem Schlamassel zu tun haben, für die glaubwürdigste Informationsquelle. Über solche Wege – und erst recht über eigene Erfahrungen – kommt dann die Realität daher und macht das schöne Friede-Freude-Eierkuchen-Medienbild kaputt. Rund jeder zweite glaubt, wichtige Fakten kämen zu kurz, und kritische Stimmen würden ausgeblendet.

Das Ergebnis der Umfrage erinnert damit an das, was man in den Achtzigern, als das Meinungsmonopol der gedruckten und gesendeten Mediendickschiffe noch schwerer zu knacken war, als „Spiegel-Syndrom“ zu beschreiben pflegte: Wer den Spiegel liest, fühlt sich über alles hervorragend informiert, außer über die Themen, von denen er selbst Ahnung hat.

Zwischen Information und Agitprop

Wer Leute kennt, die selbst mit der Asylkrise direkt zu tun haben, traut der Medienberichterstattung darüber nicht mehr – das ist vielleicht das interessanteste Ergebnis der Allensbach-Umfrage. Wer sich dagegen ausschließlich auf Fernsehen und Tagespresse verläßt, der glaubt auch, daß er dort „realitätsnah“ informiert wird. Oder gleich an den Weihnachtsmann.

Nicht auszudenken, wenn die Leute anfangen, diese Erfahrung auf andere Themen zu übertragen. Dann würden sie womöglich merken, daß sie auch bei allen möglichen anderen heiklen Fragen einseitig eingeseift und angeschmiert werden. Bei der Beschäftigung mit Linksextremismus (kommt in ARD und ZDF praktisch nicht vor) und Rechtsextremismus (lauert hinter jedem Busch) zum Beispiel. Oder bei der „Energiewende“-Propaganda und der ganzen „Klima“- und Euro-Retterei. Oder bei Ukraine-Krise, Rußland-Dämonisierung, Islamisierungs-Leugnung. Oder oder oder…

Vielleicht dämmert’s ja dann, daß „Gutmenschen-Gegurke im Parteienauftrag“ (Wolfram Weimer) keineswegs nur rund um die Asylkrise stattfindet, und auch nicht nur im „Willkommens-Rundfunk“ (Michael Hanfeld) der staatsnahen Zwangsgebührensender, deren vom Vertrauensvorschuß früherer Zeiten zehrende „Nachrichten“-Sendungen zwischen Information und Agitprop schon lange nicht mehr unterscheiden.

Nichts ist alternativlos

Der Ablösungsprozeß ist bereits im Gange. 60 Prozent der Deutschen haben wenig oder gar kein Vertrauen mehr in die Medien, weiß Infratest. Nur 18 Prozent der von Allensbach Befragten finden volkspädagogische Bevormundung und Informationsfilterung in Asyl-Berichten gut, drei Viertel wollen die ganze Wahrheit hören, auch wenn’s weh tut und negative Reaktionen zu erwarten sind. So wie das erwachsene Menschen und ihr Handwerk ernstnehmende Journalisten einander eigentlich zutrauen sollten.

Daß sich zunehmend kritischere Stimmen auch in den Medien-Hauptstrom mischen, ist immerhin ein Zeichen, daß der „Lügenpresse“-Vorwurf, so pauschal und undifferenziert er sein mag, gesessen hat und schmerzt und einige zum Nachdenken gebracht hat.

Bei denen, die sturheil weiter auf dem hohen Roß bleiben, gibt’s ein probates Mittel: Einfach nicht kaufen. Oder, wenn einem die Kaufentscheidung per Rundfunksteuer zwangsweise aufgedrückt wird: Einfach nicht einschalten. Nichts ist alternativlos. Nur ein Fünftel der Deutschen informiert sich laut Allensbach regelmäßig im Internet. Auch da gibt’s noch viel mehr als Spiegel Online und tagesschau.de. Schön, daß Sie hier vorbeigeschaut haben!

Der Vorwurf der Lügenpresse trifft viele Journalisten Foto: picture alliance/dpa
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