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Interview der Woche: Ex-ZDF-Moderator Achim Winter: „Vorsicht vor bösen rechten Suppenspuckern“

Interview der Woche: Ex-ZDF-Moderator Achim Winter: „Vorsicht vor bösen rechten Suppenspuckern“

Interview der Woche: Ex-ZDF-Moderator Achim Winter: „Vorsicht vor bösen rechten Suppenspuckern“

Ex-ÖRR-Journalist, Moderator, Produzent und Autor Achim Winter, Szene aus „Winters Woche“: „Schlimm, wie schamlos die Demokratie dazu mißbraucht wird, die Richtigen abzuwählen! Müßte das nicht verboten und die Freiheit vor Destabilisierung durch Wahlen geschützt werden?“ Foto: Wikipedia & Kontrafunk
Ex-ÖRR-Journalist, Moderator, Produzent und Autor Achim Winter, Szene aus „Winters Woche“: „Schlimm, wie schamlos die Demokratie dazu mißbraucht wird, die Richtigen abzuwählen! Müßte das nicht verboten und die Freiheit vor Destabilisierung durch Wahlen geschützt werden?“ Foto: Wikipedia & Kontrafunk
Fernsehschelm Winter: „Müßte unsere Demokratie nicht vor Destabilisierung durch Wahlen geschützt werden?“ Foto: Wikipedia
Interview der Woche
 

Ex-ZDF-Moderator Achim Winter: „Vorsicht vor bösen rechten Suppenspuckern“

Wie ist die Stimmung vor der Wahl? Das verrät Moderator und Satiriker Achim Winter, der seit 20 Jahren Woche für Woche die Stimmungslage auf Deutschlands Straßen erkundet – lange für das ZDF, nun für den Kontrafunk. In „Winters Woche“ entlarvt er Arroganz und Verbohrtheit des linksgrünen Milieus.
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Herr Winter, wie ist die Stimmung auf der Straße kurz vor der Bundestagswahl?

Achim Winter: Oh, gut, sehr gut!

Heißt?

Winter: Hier in Frankfurt, wo wir „Winters Woche“ zumeist aufnehmen, gibt es viel wohlhabendes Bürgertum, mit sicheren Jobs in großen Unternehmen, beim Staat oder an der Uni, alles Leute, denen es ganz prima geht. Mieten, Inflation, Energiekosten, überlastete Sozialsysteme oder öffentliche Sicherheit, all das verdrießt ihnen den Lebensgenuß nicht, wenn sie sich mit Gattin zwischen Frankfurter Freßgaß und Zeil dem Shopping hingeben.

Aber die SPD stagniert bei 15 bis 17, die Grünen bei 12 bis 15 Prozent und die Linke krebst bei vier bis fünf, während die AfD in vier Wochen um vier Prozent auf 22 Prozent zugelegt hat.

Winter: Das ist das einzige, was das Wohlleben dieser Leute stört, daß diese bösen Rechten ständig in die Suppe spucken, die die Regierung doch mit so viel Sorgfalt für uns anrührt – und daß sie trotz ihrer finsteren Absichten völlig unverständlicherweise solchen Zulauf haben.

Was ist mit den protestierenden Unternehmern, der Abwanderung von Firmen ins Ausland, der Deindustrialisierung – kümmert diese Leute auch das nicht?

Winter: Ach was, Industrie, weg damit! Dann kann endlich das Klima gerettet werden. Der Robert macht das schon prima, der hat die Zeichen der Zeit erkannt und geht auch völlig zu Recht mit Anzeigen und Polizei gegen Kritiker vor – spricht’s und streicht sich den Kaschmirschal glatt, während man am Sektchen nippt und vor dem Feinschmeckerstand auf seine Käsebestellung wartet.

Winter: „Schamlos, die Demokratie durch Wahlen zu mißbrauchen!“

Das könnte angesichts der Umfragewerte am 23. Februar ein böses Erwachen für die Herrschaften geben …

Winter: Ja, schlimm, wie schamlos die Demokratie dazu mißbraucht wird, die Richtigen abzuwählen – zudem total undankbar! Müßte so etwas nicht verboten werden? Kann die EU nichts unternehmen, um unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung vor der Destabilisierung durch Wahlen zu schützen?

Das ist tatsächlich die Haltung, auf die Sie treffen?

Winter: Gewürzt mit einer Prise Ironie, aber – auch wenn man es kaum glauben mag – im Grunde ja.

Wie sieht es denn auf der anderen Seite aus, bei AfD-Anhängern?

Winter: Schwer zu sagen, denn die werden zwar mehr – trauen sich aber meist nicht, sich zu äußern.

Aber Sie präsentieren doch regelmäßig auch solche in „Winters Woche“.

Winter: Ja, aber das sind nur einige wenige, die ich gezielt suchen muß. Das fällt in der Sendung nicht so auf, da wir jedesmal eine zweistündige Straßenumfrage auf zwölf satirische Minuten zusammenschneiden. Tatsächlich aber ist es, anders als bei Anhängern von Grünen, SPD und Linken, schwer, AfD-Befürworter vor die Kamera und zum Sprechen zu bekommen.

Warum?

Winter: Aus Angst, die Leute sehen doch, was einem so alles passieren kann, wenn man etwas Falsches sagt – besser schon mal den Bademantel raushängen, falls früh morgens Besuch kommt, weil man unvorsichtig ein Meme geteilt hat …

„Das ist eine gefährliche Illusion, vor der ich nur warnen kann“

Das heißt, die Vorstellung manch AfD-naher Kreise, die Mehrheit des Volkes sei im Grunde schon auf der blauen Seite und die letzten Linken machten im Führerbunker bald das Licht aus, ist eine Täuschung?

Winter: Ja, das ist eine gefährliche Illusion, vor der ich nur warnen kann! Vielmehr haben wir es mit einer gewaltigen Polarisierung zu tun, bei der sich 35 Prozent als überzeugte Linke sehen, dreißig Prozent der CDU zuneigen, also ebenfalls links stehen, und nur etwa zwanzig Prozent so weit sind, die AfD zu wählen.

So zeigt es sich nicht nur in den großen Meinungsumfragen, so erlebe ich es auch auf der Straße. Und ich hoffe, daß „Winters Woche“ dazu beiträgt, dieses realistische Bild von den Machtverhältnissen im Land zu vermitteln, denn Realismus ist in der Politik entscheidend!

Von 1998 bis 2017 lief „Winters Woche“ jeden Freitag in der ZDF-Sendung „hallo deutschland“. Seit 2024 präsentieren Sie Ihre Straßenumfrageshow im Kontrafunk. Etliche Ihrer Zuschauer dort fragen sich allerdings: Wie halten Sie aus, was Sie wöchentlich so in den Fußgängerzonen zu hören bekommen?

Winter: Man muß sich schon ein dickes Humorpolster anlegen, doch keine Sorge, davon habe reichlich. Klar, manchmal ärgere ich mich auch, wie verblendet manche Leute sind. Ich denke etwa an ein älteres, gutbürgerliches Ehepaar, das mir in einer der letzten Sendungen, eben am feinen Käsestand, vorschwärmte, wie toll Robert Habeck sei, weil er der einzige Politiker ist, der erkläre, was er tut.

Weiß er das denn selbst?

Winter: Eben, aber diese Frage, für die es ja reichlich Anlaß gibt, stellten sie sich natürlich nicht. Stattdessen lief die Frau mir extra nochmal nach, um demonstrativ zu rufen: „Habeck for Kanzler!“

„Psst! Leute wie ‘Omas gegen Rechts’ sind meine heimlichen Stars“

Ist es nicht Teil Ihres Formats, genau so etwas einzufangen, tun solche Leute Ihnen also nicht eigentlich einen Gefallen?

Winter: Sie sind meine heimlichen Stars, aber psst: verraten Sie das diesen Leuten nicht! Denn natürlich geht es in „Winters Woche“ auch darum, zu zeigen, wie atemberaubend verbohrt manche dieser Menschen sind. Was mitunter auch ziemlich lustig sein kann, wenn sich zum Beispiel ein paar „Omas gegen Rechts“ wieder nach Strich und Faden selbst blamieren, ohne es zu merken.

Was denken Sie über diese Menschen, die glauben, Ihnen vor der Kamera eine reingewürgt zu haben?

Winter: Das tun ja nicht alle, doch ich blicke, sagen wir „verständnisgeprägt“ auf sie – aber auch mit Sinn für die Tragik: Denn diese Leute haben Ansichten, die unsere Wirtschaft, unser Land und seine Menschen schädigen. Dennoch respektiere ich, daß dies nun mal ihre Überzeugungen sind, denn ich bin kein Autoritärer und gestehe jedem seine Meinung zu. Man muß sich klarmachen, daß die Weltsicht eines Menschen in seiner Biographie begründet liegt.

Wenn also etwa jemand bei den „Omas gegen Rechts“ landet, dann ist das das Resultat seiner Lebensgeschichte. Das ist prinzipiell auch bei Ihnen und mir nicht anders. Und ob die weltanschaulichen Schlußfolgerungen, die wir aus unseren Lebenserfahrungen ziehen, richtig oder falsch sind, tut zunächst einmal nichts zur Sache, denn in einer freiheitlichen Demokratie hat jeder von uns ein Recht auf sie.

Das ist erstaunlich viel Verständnis für Leute, die oftmals wohl kein Problem damit hätten, würden Sie von der Straße geprügelt und Ihren Job verlieren, Ihr Vermieter Ihnen die Wohnung kündigen und Sie im Stil von „Juden unerwünscht“ ausgegrenzt.

Winter: Natürlich, so ein Dreh kostet schon ganz schön emotionale Kraft, und manchmal fragt man sich, warum man sich das antut. Aber ich glaube, es ist wichtig, die Realität zu zeigen.

„Erschreckend, wie fast vollständig linksgrün das bürgerliche Milieu ist“

Zeigt sich die Realität denn auf der Frankfurter Zeil oder Freßgaß? Das sind doch Nobelmeilen.

Winter: Wir filmen auch etwa an der Konstablerwache, ein Platz, der sozial das genaue Gegenteil ist. Nur das einflußreiche bürgerliche Klientel findet man dort natürlich nicht, das tummelt sich nun mal auf der Zeil und Freßgaß, und es ist deprimierenderweise wirklich fast vollständig linksgrün.

Und auch in den anderen deutschen Großstädten erleben wir es leider so, denn wir filmen ja nicht nur in Frankfurt, selbst – vielleicht mit Ausnahme Erfurts – im Osten. Jedenfalls bin ich froh, daß ich schon seit vielen Jahren dilettierender Zen-Buddhist bin, was mir ungeheuer hilft, in der Begegnung mit diesen Leuten kühlen Kopf zu bewahren.

Inwiefern?

Winter: Der Zen-Buddhismus ist eine Anschauung, die lehrt, die Dinge hinzunehmen, wie sie sind. Das heißt nicht, daß man sie gleichgültig akzeptiert, aber daß man lernt, mit ihnen als zum Leben gehörend umzugehen, statt sich vergeblich an ihnen aufzureiben.

Es ist erstaunlich, wie sehr Meditation hilft, auch mit Andersdenkenden richtig umzugehen. Allerdings kann ich mich auch aufregen, es ist also nicht so, als hätte ich diese Kunst darüber verlernt. Ja, Sie glauben gar nicht, was für einen Meister dieser Disziplin Sie vor sich haben!

Kostprobe?

Winter: Lieber nicht.

Weil, einmal in Fahrt … 

Winter: Eben!

Na gut, bevor es Verletzte gibt …

Winter: Wenn wir uns wie die Linken auf Wut, Haß und Gewalt einlassen, zerstören wir, wofür wir kämpfen. Ich beobachte zum Beispiel Martin Sellner, der trotz der unentwegten und massiven Angriffe auf ihn humorvoll und souverän freundlich reagiert, selbst auf Leute, die ihm äußerst aggressiv gegenübertreten. Ich glaube, er hat die biblische Weisheit verinnerlicht, „vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“.

„Manche hätten kein Problem, würde man Leute wie uns töten“

Auch zum Beispiel Götz Kubitschek wirbt dafür, in linken Demonstranten friedfertig keine Feinde, sondern Verführte zu sehen – während auf Anti-AfD-Großdemos in Berlin Zehntausende „Demokraten“ vereint „Ganz Berlin HASST die AfD“ brüllten (wovon im „Tagesschau“-Bericht natürlich nichts zu sehen war). Ist das nicht bizarr?

Winter: Natürlich, das ist reinster Orwell, aber sich auf dieses Haß- und Gewaltangebot einzulassen wäre absolut destruktiv. Kein Zweifel, der größte Teil der Linken will uns sozial vernichten, die Mehrheit hat kein Problem damit, wenn wir brutal von der Straße geprügelt werden und etliche wohl auch damit nicht, würden wir dabei getötet. Denn die Linke folgt dem „leuchtenden Pfad“.

So der Name einer militanten marxistischen Guerilla in Peru. Sie meinen das also metaphorisch?

Winter: Natürlich, schon Karl Marx sagte, für ihn sei die Gewalt die „Hebamme“ der Geschichte. Denn wer ein System verfolgt, bei dem jeder mitzumachen hat, damit es funktioniert, der muß Zwang und Gewalt anwenden und eine Gefolgschaft entwickeln, die zu allem bereit ist. Das ist es, was wir derzeit erleben! Aber wenn Konservativ, Rechte sich darauf einlassen, dann endet das in Straßenschlachten.

Und das ist ja nicht das, wofür Konservativ-Bürgerliche kämpfen, nämlich nicht für Demokratie à la DDR, in der eine selbsternannte gesellschaftliche Avantgarde weiß, was richtig ist und andere Meinungen mit Repression zum Schweigen bringt, sondern für Demokratie als fairem Diskurs zwischen Interessengruppen, die schließlich zu Kompromissen finden.

ZDF, HR, MDR, WDR etc. – dank Ihrer zahlreichen Fernsehauftritte sind Sie ein bekanntes Gesicht und werden bei den Straßenaufnahmen für „Winters Woche“ immer wieder erkannt. Haben Sie keine Angst?

Winter: Doch, natürlich! Es könnte jederzeit jemand auf die Idee kommen, mal mit einem Kantholz ein Exempel an mir zu statuieren. Für alle Fälle werde ich mir in Zukunft für die Dreharbeiten wohl einen stabilen Wanderstock zulegen – man weiß ja nie, welcher Irre die Gewaltaufrufe der Antifa ernst nimmt.

„Schön, daß auf Opportunisten wie Friedrich Merz Verlaß ist“

Friedrich Merz hat mit seinen Anträgen im Bundestag einen ersten, wenn auch nur symbolischen Stein aus der Brandmauer geschlagen. Macht Ihnen das Mut?

Winter: Opportunisten wie Merz machen mir deshalb Mut, weil, wie Cora Stephan sagt, „auf sie immer Verlaß ist“: Sprich, hat sich der Wind weit genug gedreht, fallen sie ganz zuverlässig um.

Wie wird Merz nun auf der Straße gesehen?

Winter: Für ihn relevant ist die Sicht der potentiellen CDU-Wähler, und für die meisten von ihnen ist er inzwischen ein Hoffnungsträger.

Warum?

Winter: Das frage ich die Leute auch und ob ihnen denn nicht klar ist, daß Merz eigentlich gar nichts ändern, sondern nur die AfD bekämpfen will? Nein, so die Antwort, diesen Eindruck zu erwecken sei nur seine Wahlkampftaktik. Wenn er aber erstmal an der Macht sei, dann würde er diese nutzen, um durchzugreifen und die Dinge zu ändern – in dieser Hoffnung will man ihn wählen.

Na wenn das mal nach dem 23. Februar keine langen Gesichter gibt … 

Winter: Tja, viele Bürger lesen nur Schlagzeilen und beschäftigen sich nicht mit den Details. So bleibt es für sie natürlich zu kompliziert, sein Spiel zu durchschauen. Ob Merz seine Vorstöße am Ende wirklich helfen, läßt sich noch nicht sagen. Laut neuer Forsa-Umfrage verliert die Union zwei Punkte und rutscht auf 28 Prozent, laut Infratest Dimap hat sie dagegen einen Punkt hinzugewonnen und steht bei 31 Prozent. Wie auch immer: Wir leben in aufregenden Zeiten und erleben einen langsam wachsenden Stimmungsumschwung, der in Zukunft noch alles auf den Kopf stellen könnte.
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Achim Winter: Zu sehen ist seine politische Straßenumfrageshow „Winters Woche“ seit 2024 auf der Internetseite des alternativen Internetradiosenders Kontrafunk, sowie auf dem Kontrafunk-Youtube-Kanal.

Der 1961 in Offenbach geborene Moderator, Autor und Produzent und Chef der Firma „Winterfilm“ ist durch seine zahlreichen Fernsehauftritte, besonders seinem kabarettistischen Wochenrückblick „Winters Woche“ in der ZDF-Sendung „hallo deutschland“ bekannt. Weiter präsentierte er die Wissenskolumne „AHA!“ im ZDF-Mittagsmagazin, war zeitweilig als Co-Moderator des Boulevardmagazins „Leute heute“ zu sehen sowie in den HR-Quizsendungen „Dings vom Dach“ und „Koch was draus“, der Reportagereihe „Die unglaublichsten Hessen“, den WDR-Talkshows „Kölner Treff“ und „Das NRW-Duell“, den MDR-Shows „Zeit ist Geld“ und „Wer bezahlt heute?“, in „Verstehen Sie Spaß?“ und „Das perfekte Promi-Dinner“.

2012 erschien sein gemeinsam mit TV-Moderatorin Bärbel Schäfer verfasster Roman „Zen im Gurkenbeet“, 2010 „Wir sind nicht Papst! Eine Predigt“. Zudem stellt er auf seinem crossmedialen Portal „Winters Winzer. Der Wein-Guide“ ausgewählte Weingüter vor.

Aus der JF-Ausgabe 07/25

Fernsehschelm Winter: „Müßte unsere Demokratie nicht vor Destabilisierung durch Wahlen geschützt werden?“ Foto: Wikipedia
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