Einen „Fall illegitimer Machtausübung“ nennt der Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim die Wahl des Bundespräsidenten vom Mittwoch.
Der renommierte Verfassungsrechtler und Publizist kritisiert im Interview mit der JUNGEN FREIHEIT (Ausgabe 27/10), daß die Vorsitzenden der Regierungsparteien versucht hätten, ihren Wahlmännern die Besetzung des Amts mit Christian Wulff (CDU) vorzugeben und so die rechtlich garantierte freie Wahl zu nehmen.
Der Gegenkandidat Joachim Gauck wäre zudem von SPD und Grünen nicht aufgestellt worden, weil sie ihn wirklich als Präsidenten wünschten, sondern nur, um die Regierung öffentlich vorzuführen, erläutert von Arnim.
„Ein schwerer demokratischer Makel“
Die Bundesversammlung spiegele keineswegs die realen Mehrheitsverhältnisse im Volk wider. CDU und FDP stellten dort über 50 Prozent der Mitglieder, obwohl laut Umfragen lediglich noch 35 Prozent der Wähler hinter diesen Parteien stünden.
Darüberhinaus beruhe die Wahl Wulffs unter anderem auch auf den 24 Überhangmandaten, die die Union bei der letzten Bundestagswahl erhalten hatte. Diese seien aber verfassungswidrig, daher hafte der Wahl „ein schwerer demokratischer Makel an“, so von Arnim.
Um die „Entmachtung der Bürger“ zu stoppen, fordert der Verfassungsrechtler die Einführung einer Direktwahl des Bundespräsidenten. Ein vom Volk gewähltes Staatsoberhaupt könnte sich effektiver der alltäglichen Patronage durch die Parteien entziehen, ist sich von Arnim sicher. (JF)