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Unser Fürst Schwarzenberg?

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Was macht eigentlich Joachim Gauck, der sich einige Wochen lang als „Präsident der Herzen“ fühlen durfte, jetzt weiter nach seiner Niederlage in der Bundesversammlung? Einen kurzen Urlaub zunächst, verständlicherweise. Aber danach wird er sich nicht einfach wieder auf das Altenteil zurückziehen: Er will weiter politisch mitmischen. 

Schon jetzt hat Joachim Gauck mit seiner Kandidatur Erstaunliches erreicht: Die „Linke“ als reaktionäre Diktatur-Nostalgiker enttarnt, das vermeintliche „rot-rot-grüne Lager“ zur Schimäre degradiert, die „linke Lebenslüge“ von der eigentlich doch ganz „kommoden Diktatur“ DDR gewaltig ramponiert.

„Mit meiner Kandidatur sind viele Sehnsüchte neu artikuliert worden“, sagte Gauck noch am Wahlabend. Dieses „Geschenk“ müsse man annehmen, „daran will ich mitwirken“. Die von ihm mitangestoßene Debatte über mehr Bürgernähe und Glaubwürdigkeit der Politik dürfe jetzt nicht einfach verstummen. Dies erwarteten seine vielen Unterstützer von ihm, zitiert ihn die Welt.

Aktivisten weiter zusammenhalten

Die politische Klasse hat durchaus schon erkannt, daß das unangenehm werden könnte. Der frischgebackene Präsident Christian Wulff bot ihm noch in seiner Wahlannahme-Rede einen Posten als ständiger Berater an – Gauck lehnte dankend ab. Auch die Grünen warben noch am Wahlabend um seine ständige Mitarbeit.

Ob das ernstgemeint war, darf man getrost bezweifeln. Vom Pastor Gauck wollen sich die Roths und Ströbeles vermutlich nicht auf Dauer sagen lassen wollen, daß man der Wirtschaft die Freiheit nicht nehmen dürfe und daß es Viertel in deutschen Städten mit „allzu vielen Zugewanderten und allzu wenigen Altdeutschen“ gebe. Kröten schlucken Parteipolitiker nur, wenn sie hoffen, damit der Konkurrenz eins auswischen zu können.

Mehrere Pro-Gauck-Bürgerinitiativen wollen weitermachen. Gerald H. Wenk, Initiator der Netzseite, will die Kräfte dieser Bewegung weiter bündeln; Rainer Ohliger, einer der Organisatoren der Initiative „Demos für Gauck“ , setzt auf die „politisch motivierten Geister“ unter den Unterstützern und will einen Verein gründen, der die Aktivisten weiter zusammenhalten soll.

Charismatische Integrationsfigur

Natürlich sind viele der zahlreich entstandenen Netzinitiativen von Gauck-Unterstützern SPD-nah; zumindest versuchten die Sozialdemokraten beharrlich, sie unter ihre Fittiche zu bekommen. Dennoch könnte die einmal losgetretene „Gauck-Bewegung“ eine Eigendynamik entfalten, die weit über Bürgerdemos und Internetplattformen hinausgeht.

In der breiten Pro-Gauck-Sympathiewelle manifestierte sich nämlich auch ein tiefsitzender und weitverbreiteter Widerwille gegen den politischen Alleinvertretungsanspruch einer abgehobenen und in autistischer Mediokrität gefangenen und abgeschotteten Parteienoligarchie.

Joachim Gauck hat sie herausgefordert mit den Mitteln der direkten Rede und der ungespielten Volksnähe. Macht er weiter, wäre die letzte Konsequenz die Herausforderung an der Wahlurne: Als charismatische Integrationsfigur einer freiheitlichen Wählervereinigung, hinter der sich all jene sammeln könnten, die sich vom etablierten Politikbetrieb nicht vertreten und für blöd verkauft fühlen. Und das sind nicht wenige.

Überzeugender als gescheiterte Ex-Politiker

Wie so etwas funktionieren kann, hat bei unseren tschechischen Nachbarn der mit Gauck annähernd gleichaltrige Fürst Karl Schwarzenberg vorexerziert, den die politische Lähmung in seinem Land zur Rückkehr aus dem Ruhestand in die aktive Politik bewegt hat, wo seine neugegründete Sammelpartei „TOP 09“ mit konsistentem Programm und ehrlicher Lageanalyse vor allem Jungwähler überzeugt und aus dem Stand fast 17 Prozent sowie die Regierungsbeteiligung erreicht hat.

Wird Joachim Gauck unser Fürst Schwarzenberg? Er wäre zumindest überzeugender in dieser Rolle als gescheiterte oder weggemobbte Ex-Politiker der etablierten Parteien, denen immer wieder mal in Internet-Kommentarspalten – auch in diesen – verzweifelte „Mensch-so-einer-müßte-doch-mal-eine-neue-Partei-gründen“-Seufzer nachgeschickt werden.

Die Lage für einen tiefgreifenden Umbruch im Parteiensystem besteht schon seit langer Zeit. Was bislang fehlte, war ein Handelnder mit Fortune und ohne Furcht.

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