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Oskars Wühlarbeit

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Wenn Irritation und Krise in Deutschlands ältester Partei einmal zu Ende gehen sollten, dann wird in der SPD nichts mehr sein, wie es einmal war. Der Stallgeruch, das Ortsvereinsleben, die sozialdemokratischen Arbeitermilieus – alles scheint in den Mülleimer der Geschichte geworfen worden zu sein. Der Odem des Todes durchzieht die Unterbezirke der SPD. Treibende Kraft im deutschen linken Spektrum ist längst Oskar Lafontaine. Der Saar-Napoleon, der die SPD im Streit mit Gerhard Schröder verließ, unternimmt einen zweiten Anlauf, um wieder Ministerpräsident des Saarlands zu werden. Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas lehnt eine Koalition noch ab, aber der frühere Bundesgeschäftsführer Ottmar Schreiner kann sich vorstellen, als Sozialdemokrat auch in einem Kabinett Lafontaine Sozialminister zu sein – auch wenn er eine entsprechende Äußerung ganz schnell wieder zurücknahm. Parallel dazu hat Andrea Ypsilanti in Hessen nicht aufgegeben, eine Regierung unter Duldung, halber oder ganzer Einbeziehung der Linksfraktion zu installieren. 41 der 42 Landtagsabgeordneten der SPD hat sie auf ihrer Seite. Nur Dagmar Metzger, eine Vertreterin der Parteirechten, will immer noch nicht mitmachen. Aber auch ohne Metzger ist eine hauchdünne linke Mehrheit im Landtag von Wiesbaden gegeben. Wer die Linken kennt, weiß, daß sie jede auch nur geringe Chance für sich auszunutzen versuchen und vor einer „Volksfront“ noch nie Hemmungen hatten. In Bonn wurde die Vergangenheit noch einmal kurz sichtbar. Wolfgang Clement, einst stellvertretender SPD-Vorsitzender und unter Schröder Minister für Wirtschaft und Arbeit, stand im Rheinhotel „Dreesen“ wie eine Erscheinung aus der verblichenen Bonner Republik und beteuerte trotzig, er habe der Partei nicht geschadet. Zwar kam Clement für seine  kritischen Äußerungen über Ypsilanti mitten im hessischen Wahlkampf keine Entschuldigung über die Lippen, aber seine Worte wurden allgemein so verstanden. Mag sein, daß die SPD-Parteigerichtsbarkeit jetzt ihren Frieden mit Clement macht und ihn statt mit Rauswurf nur mit einer Rüge bedenkt. Kurt Beck, der eigentliche SPD-Vorsitzende, tourt wie ein Bänkelsänger durch die alten und neuen Bundesländer und kommentiert mal von einer Werft oder mitten aus einem Industriebetrieb die neuen Entwicklungen seiner Partei, also entweder Ypsilantis Linksdrift oder den Fall Clement. Er macht nur noch hinhaltende Äußerungen. Selbst auf die Frage, ob er nächstes Jahr für den Bundestag kandidiert, gibt es keine Antwort mehr, sondern Ausflüchte. Beck, der noch letztes Jahr auf dem Hamburger Parteitag seinen Laden im Griff zu haben schien, wirkt jetzt wie ein Außerirdischer, der zufällig an die SPD-Spitze geraten ist. Was ist nur los mit der einst mächtigen Arbeiterpartei? Eine Antwort scheint zu sein, daß der SPD ihre Milieus wegbrechen und damit ihre Wurzeln locker werden. Das Arbeitertum ist fast ausgestorben. Reste gibt es noch im Ruhrgebiet und einigen anderen wenigen Ballungsräumen. Schröder hatte noch den Versuch unternommen, an Helmut Schmidt anzuschließen und Teile des Bürgertums für sich zu gewinnen. Er mußte scheitern, weil unbedacht blieb, daß große Teile des linken Bürgertums in Deutschland grün wählen und der Rest, wenn er nicht gerade schwarz wählt, in die Armut absackt. Die „Neue Mitte“ verschwand so schnell, wie sie ausgerufen worden war. Der Mittelstand löst sich auf, das „Prekariat“ wird stärker. Das wählt aber die aus seiner Sicht konsequente Lösung: die Linkspartei. Viele andere ziehen es vor, erst gar nicht wählen zu gehen. Die nächsten Wahltage rücken näher. Die 20 Prozent, die der bayerischen SPD vorausgesagt werden, entsprechen inzwischen dem deutschen Durchschnittswert. Die stets sektiererhaft wirkende Bayern-SPD ist also auf Bundesniveau angekommen, freilich ohne etwas dafür tun zu müssen. Ypsilanti ist immerhin so nett und verschiebt den hessischen Landesparteitag, um erst nach der Bayern-Wahl das dunkelrote Bündnis klarzumachen. Für wie dumm werden Wähler in Deutschland eigentlich gehalten? Im Saarland wird man ein sozialdemokratisches Wahldesaster erleben. Vielleicht schafft Lafontaine es, mit der Linkspartei in den kleinen Bundesland stärker zu werden als die SPD. Das käme einer Plattenverschiebung in der westdeutschen Parteientektonik gleich, die weitere, heute noch nicht klare Folgerungen haben wird. Einziges Ziel der SPD für die Bundestagswahl kann nur noch die Erreichung einer strategischen Position sein, daß gegen sie keine Regierung gebildet werden kann. Das erscheint derzeit fast als illusorisch. Beck scheint die Bestrebungen für die Kanzlerkandidatur aufgegeben haben und bereit zu sein, Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Kandidatur zu überlassen. Doch Steinmeier steht für die Schröder-SPD, deren wichtiger Vertreter Clement gerade vom nordrhein-westfälischen Parteischiedsgericht hinausgeworfen worden ist. Wer könnte die SPD retten? Selbst Franz Müntefering, wenn er wiederkommen sollte, könnte es nicht. Er gehört auch zum Clement-Flügel und ist keine Integrationsfigur, die man im Willy-Brandt-Haus so dringend bräuchte.

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