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Familien haben kein Geld übrig für private Altersvorsorge“ – die Postbank hat aus der von ihr in Auftrag gegebenen Allensbach-Studie die richtige Schlagzeile herausgefiltert. Denn die Transferausbeutung von Familien mit Kindern, insbesondere durch die umlagefinanzierte Rente, ist die Sollbruchstelle unseres Wohlfahrtsstaats, die unsere gesamten sozialen Sicherungssysteme binnen kurzem zum Einsturz bringen kann. Die Zahlen der Studie belegen das Näherrücken des Zusammenbruchs. Familien haben keine Luft mehr für private Rücklagen, weil sie für die Renten anderer doppelte Leistung erbringen müssen: Sie leisten ebenso wie gleichaltrige Kinderlose Beiträge aus ihrem Erwerbseinkommen für die jetzigen Rentner und erbringen – als Privatvergnügen auf eigene Rechnung – auch noch die freiwillige Zusatzleistung, künftige Beitragszahler großzuziehen, die nicht nur ihre eigenen Renten zu finanzieren haben, sondern auch noch die der Kinderlosen aus derselben Alterskohorte. Während bei der Einkommensbesteuerung zumindest teilweise die Kosten der Kinderaufzucht entlastend zum Tragen kommen, fehlt ein solcher Schutz des Existenzminimums bei den Sozialbeiträgen, der stetig wachsenden Hauptlast der Staatsabgaben. Diese Transferausbeutung ist ein systemimmanenter Konstruktionsfehler der deutschen Umlagerente, seit Konrad Adenauer bei ihrer Einführung 1957 die Schaffung einer ursprünglich ebenfalls vorgesehenen „Familienkasse“, die den Eltern die Kosten der Kindererziehung ersetzen sollte, abgelehnt hatte. Schon der Architekt der dynamischen Umlagerente, Wilfried Schreiber, hatte erkannt, daß ein solches Rentensystem Kinderlosigkeit finanziell honoriert. Bert Rürup charakterisiert es, allerdings positiv gemeint, geradezu als „Versicherung gegen Kinderlosigkeit“. Eine „Versicherung“, die auch bei Vorsatz oder Mutwille zahlt, wohlgemerkt. Schreiber wollte ursprünglich das Fürsorgemodell der traditionellen Großfamilie auf den Sozialstaat übertragen: Die Unterstützung, die der Mensch als Kind und als Greis braucht, sollte solidarisch organisiert werden. Adenauer schnitt ein Standbein ab, um mehr Geld an die Rentner verteilen und die nächste Wahl gewinnen zu können – der parteipolitische Mißbrauch war dem jungen Sozialstaat in die Wiege gelegt. In bislang drei scharfen Urteilen hat das Bundesverfassungsgericht der Politik die Heilung dieses Geburtsfehlers auferlegt – ohne Reaktion. Bereits das „Trümmerfrauenurteil“ vom 7. Juli 1992 hatte den Mißstand klar beim Namen genannt: „Die Familie, in der ein Elternteil zugunsten der Kindererziehung aus dem Erwerbsleben ausscheidet, nimmt im Vergleich zu Kinderlosen nicht nur Einkommenseinbußen hin, sie muß das gesunkene Einkommen vielmehr auch auf mehrere Köpfe verteilen. Wenn die Kinder in das Erwerbsleben eingetreten sind und durch ihre Beiträge die Alterssicherung der Elterngeneration mit tragen, haben die Eltern selbst eine geringere Rente zu erwarten.“ Es geht also um die Interessen der traditionellen Einverdiener-Familie; gleichwohl reformiert die Politik unbeirrt an der falschen Baustelle: Zum einen wird alles unternommen, um die Erwerbsquote von Frauen und Müttern weiter zu steigern und so die Einnahmen zu erhöhen – dabei hat die bereits erfolgte Verdoppelung in den letzten zwei Jahrzehnten die Verarmung der Familien nicht verhindert, sondern beschleunigt. Zum zweiten werden die Verbrauchssteuern erhöht, um frisches Geld in die Sozialsysteme zu pumpen, was wiederum vor allem die Familien trifft. Angesichts der Fakten, die von Karlsruhe in einer so klaren Sprache formuliert wurden, daß selbst Politiker sie verstehen müssen, sind Navigationsfehler bei dieser sozialpolitischen Geisterfahrt auszuschließen. Ein handfester Grund für die Perpetuierung des Frondienstes der Familien: Kinder sind für den Fiskus ein Bombengeschäft. Das Münchner ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hat errechnet, daß jedes Kind im Laufe seines Lebens dem Staat 77.000 Euro mehr an Steuern und Sozialabgaben einbringt, als es kostet. Den Überschuß machen vor allem die Krankenversicherungs- und Rentenbeiträge aus. Der Unwille, diesen Goldesel ziehen zu lassen, ist verbunden mit der Erwartung, daß der Fortpflanzungstrieb das Ausbeutungspotential erhält: Renate Schmidts Hinweis, ein junger Mensch mit Kinderwunsch denke nicht an die Rente, ist nur eine Variation des Adenauerschen Zynismus „Kinder kriegen die Leute immer“. Noch schwerer fällt die Reparatur der Rentenkasse, weil sie auch eine ideologische Kehrtwende verlangt: weg vom modischen Egoismus, der den einzelnen zum Maß aller Dinge erhebt, zurück zur generationenübergreifenden Verantwortung. Die Lösung ist nicht, auch die Mütter in den Beruf zu drängen, sondern die Erziehungsarbeit der Mütter entsprechend ihrer wahren Leistung für das Gemeinwesen zu honorieren. Familien müssen sowohl bei den Beiträgen als auch bei der späteren Rentenhöhe so bessergestellt werden, daß Kinderlose sich ihren Verpflichtungen in der sozialstaatlichen Großfamilie nicht länger entziehen können. Nur bei gleicher Lastenverteilung entsteht übrigens auch echte Wahlfreiheit. Ideologische Experimente wider die Realität können wir uns nicht länger leisten: Gegen die Familien kann der Sozialstaat nicht gerettet werden.

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