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Ludwig Poullain, vor langen, langen Jahren Vorstandsvorsitzender der Westdeutschen Landesbank, hat Glück gehabt. Wäre es wie geplant zu seinem Auftritt auf dem Festakt zur Verabschiedung des NordLB-Chefs in Hannover gekommen, hätte seine Nestbeschmutzung vielleicht nur ein bescheidenes Echo in den Fachmedien bewirkt. So rief der gescheiterte Versuch, den 84jährigen zu mäßigen, die „Frankfurter Allgemeine“ auf den Plan: Sie widmete seiner „ungehaltenen Rede“ eine ganze Druckseite. Was Ludwig Poullain zu sagen hat, ist allerdings in der Sache nicht neu: Die Bankvorstände denken nur an sich und nicht an ihre Aktionäre, Kunden oder gar die breite Öffentlichkeit. Sie bestätigen auf diese Weise alte Vorurteile, die in der Vergangenheit viele, unter anderem das Milieu, dem wesentliche Teile der heutigen Bundesregierung entstammen, dazu aufstachelten, eine Verstaatlichung der ganzen Branche zu verlangen. Natürlich weiß Ludwig Poullain, wovon er redet. Anfang der 1980er Jahre war er selber in ein langwieriges Verfahren verstrickt, in dem man ihm Bestechlichkeit, Betrug und Untreue nachweisen wollte. Heute erkennt er an, daß er zwar im juristischen Sinne unschuldig gewesen sei, aber „gegen die Gebote des Ethos verstoßen“ habe. Um dies zu erklären, beruft er sich auf Kant, der vor mehr als 200 Jahren „den Bankdienstleistern die moralischen Verhaltensnormen vorgegeben“ habe: Sie sollen nämlich vor allem redlich sein. Es ist unwahrscheinlich, daß Ludwig Poullains Rekurs auf den Königsberger Philosophen bei seinen Adressaten auf Verständnis stößt. Dieser gehört längst nicht mehr zwingend zu einem bürgerlichen Bildungskanon, der für High Professionals auf ihrem Berufsweg nützlich wäre. Von diesem sachfremden Einwurf abgesehen, läßt die Rede zudem allzu deutlich erkennen, daß ihr Autor noch in einer Zeit beheimatet ist, in der man an die Soziale Marktwirtschaft glaubte und die Sozialdemokratie versuchte, diese im Sinne der arbeitenden Massen zu interpretieren. Per se aber muß niemand betrübt sein, wenn der launige Appell des Alt-Bankers unerhört verhallt, dazu ist er bei allen markigen Worten dann doch zu unredlich. Mit seinen wenig originellen Attacken gegen Ackermann, Breuer und Schrempp suggeriert er, daß Spitzenmanager heutzutage auch anders könnten. Aus heiterem Himmel propagiert er das Ideal einer Wirtschaftselite, die in ihren Gewinnmaximierungsansprüchen Maß hält und das öffentliche Interesse, ja das Interesse der Menschen in diesem Land respektiert. So schön dies auch klingt: Aus ihm spricht nicht die Vernunft, sondern die Angst. Ludwig Poullain fürchtet wie viele seinesgleichen, daß der Vernichtungsfeldzug der Unternehmen gegen den Sozialstaat langfristig zu Protest und damit unabsehbaren Kosten führt. Es zeugt von mangelnder Einsicht in ökonomische Zusammenhänge, daß er meint, diese Erfahrung könne man sich ersparen.

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