Der Bombenangriff auf Magdeburg am 16. Januar 1945 zählt zu den größeren der „nächtlichen Massenmorde“ (Golo Mann), die die alliierten Luftflotten in deutschen Städten verübten. In der Bundesrepublik, wo der politische Nutzwert der Toten entscheidend ist für das Gedenken, tut man sich schwer mit den Bombentoten. Wenn die alliierten Armeen – so die Logik des staatlich sanktionierten Geschichtsverständnisses – Deutschland befreit haben, muß die Tötung von Deutschen, die sich zum Zweck der Befreiung als notwendig erwies, doch wohl ihre Berechtigung gehabt haben, und wir Befreiten haben diese Berechtigung anzuerkennen – oder etwa nicht?
In dieses nihilistische Vakuum ist am Wochenende ein Trauermarsch des NPD-Umfelds gestoßen. Auch der lief auf die politische Funktionalisierung hinaus. Was hatten Staat, Parteien und Kirche ihm entgegenzusetzen? Eine „Meile der Demokratie“ mit Theater, Konzerten, Musik und Kabarett!
Die bundesdeutsche Demokratie am Jahrestag des Massenmords an der Eltern- und Großeltern-Generation zu feiern, heißt, sich aus Gründen der politischen Selbstlegitimation mit der Einäscherung der Stadt einverstanden zu erklären. Was für ein bodenloser Nihilismus – und was für erbarmungslose Kirchenführer!