Noch ist eine Auferstehung von den Toten nicht im medizinischen Angebotskatalog. Doch zu Weihnachten wurde uns beinahe ein Klonbaby in die Krippe gelegt, und rechtzeitig zu Ostern erreichte das britische Ehepaar Hashmi die Genehmigung zur Zeugung eines Spenderkindes für ihren vierjährigen Sohn Zain, der an Thalassämie leidet. Zain liegt zwar noch nicht im Grabe wie Jesus Christus, aber der nette, aufgeweckte Junge muß sterben, wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Seine Blutkrankheit ist mit Medikamenten nicht heilbar, ständige Bluttransfusionen reichern den Körper mit gefährlich viel Eisen an. Der kleine Patient braucht ein ganz neues Knochenmark, und das soll durch Stammzellen aus der Nabelschnur eines erst zu zeugenden Geschwisterkindes aufgebaut werden. Die nahe Verwandtschaft ist zur Überwindung der Immunabwehr notwendig, jedoch darf das Kind nicht die gleiche Erbkrankheit haben wie Zain. Aus diesem Grund muß die Befruchtung künstlich erfolgen, und die Mediziner müssen die entstandenen Keimzellen auf die verdächtigen Gene hin überprüfen und auslesen, bevor sie sie in die Gebärmutter einsetzen. Ist tatsächlich ein Kind geboren, dann kann es immer noch sein, daß Gewebeeigenschaften trotzdem nicht passen oder die Therapie nicht anschlägt. Mancher wird sagen, warum beten die Leute nicht lieber. Schließlich gibt es auch so etwas wie Spontanheilungen, und die Wahrscheinlichkeit dafür ist vielleicht kaum geringer als für das Gelingen der Spenderproduktion. Doch es gibt einen Unterschied. Im einen Fall können die Eltern nur hoffen, im anderen können sie etwas tun: zu Ärzten laufen, Gerichte bemühen, eine ganze Maschinerie in Bewegung setzen, um ihrem Kind zu helfen. Und der Mensch tut lieber etwas, anstatt zu warten. Wenn es allerdings gar keine Möglichkeiten mehr gibt, etwas zu tun, dann hofft und betet er. Auch das ist immerhin besser, als wie ein Tier sein Schicksal stumm zu akzeptieren. Auch das Beten und Kerzenanzünden, das Messenlesen, zur Kommuniongehen etc. sind „Techniken“, mit denen der Mensch seine Lage zu verbessern sucht. Es sind gute alte, aber für viele doch veraltete Techniken. Heute „glauben“ viele eher an die Ärzte, obwohl auch die nicht „unfehlbar“ sind. Wahrscheinlich wird Zain Hashmi trotzdem sterben müssen. Und wenn es so weit ist, werden seine Eltern wahrscheinlich zu ihrem Gott beten. Und wenn er sie nicht hört, was auch wahrscheinlich ist, werden sie denken, daß er beleidigt ist, weil sie es erst ohne ihn versuchten. Aber sie werden trotzdem froh sein, daß sie alles versucht haben. Denn beten ist heute nur noch die letzte aller Möglichkeiten.
- Deutschland