WIEN. Das Wiener Landesgericht hat einen 39jährigen Iraker vom Vorwurf der Freiheitsentziehung und Nötigung freigesprochen. Dem Mann war vorgeworfen worden, seine Ehefrau sowie deren zwei Kinder gegen ihren Willen in sein Auto gezwungen zu haben. Aufmerksamkeit erregt hatte der Fall, weil die sechsjährige Tochter der Polizei ein international bekanntes SOS-Handzeichen zeigte.
Ausgangspunkt war eine Fahrzeugkontrolle nach einem Verkehrsunfall. Der Iraker verfügte über keine Fahrerlaubnis. Beamte wurden auf das Mädchen auf der Rückbank aufmerksam, das mit der Hand das Notzeichen formte.
Bei der Kontrolle stellten die Polizisten außerdem vier Messer im Fahrzeug sicher. Der Angeklagte erklärte dazu vor Gericht, es handle sich dabei nicht um Waffen, sondern um Messer „für Sandwiches“. Gegen ihn hatte wegen früherer Auseinandersetzungen mit der Frau bereits ein Annäherungs- und Betretungsverbot bestanden. Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, daß der Angeklagte seine Frau zum Einsteigen genötigt habe.
Frau und Tochter des Irakers verweigerte die Aussage
Danach sei er, so die Staatsanwaltschaft, „wie ein Wilder durch Wien gefahren“. Der Unfall habe schließlich zur Kontrolle geführt. Aufgrund des Verdachts der Freiheitsentziehung und Nötigung wurde der Mann festgenommen und angeklagt. Der Beschuldigte bestritt die Vorwürfe. Er erklärte, man sei einvernehmlich gemeinsam unterwegs gewesen. Das SOS-Handzeichen des Kindes kommentierte er damit, daß dieses es bereits eine Woche zuvor in einem Supermarkt gezeigt habe. Die Mutter habe ihm später erzählt, das Jugendamt habe dem Kind das Zeichen beigebracht. Vor Gericht behauptete der Mann zudem, der frühere Partner seiner Frau habe das Mädchen beeinflußt.
Der Prozeß war laut Kronen Zeitung von auffälligem Verhalten des Angeklagten geprägt. Er erhob wirre Anschuldigungen gegen seine Frau, sprach von einer „islamischen Ehe“ und versuchte wiederholt, Bedingungen zu stellen, statt Fragen zu beantworten. Die Richterin wies ihn mehrfach zurecht und warnte ihn ausdrücklich vor Verleumdungen.
Entscheidend für den Ausgang des Verfahrens war die Beweisfrage. Die 34jährige Ehefrau erschien mit beiden Kindern und mehreren Sozialarbeiterinnen vor Gericht, enthielt sich jedoch der Aussage. Damit durften auch frühere Aussagen nicht verwertet werden. Das sechsjährige Kind verweigerte ebenfalls jede Aussage, auch per Videoschaltung. Mangels verwertbarer Zeugenaussagen sprach das Gericht den Angeklagten rechtskräftig frei.






