BERLIN. Die Migranten-Lobbyorganisationen „Pro Asyl“ und das „Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte“ haben Anzeige gegen Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) und Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) erstattet. Sie werfen den Regierungsministern unterlassene Hilfeleistung gegenüber in Pakistan ansässigen Afghanen vor, die aus dem Land abgeschoben wurden, obwohl sie von Deutschland die Zusage bekommen hatten, von Pakistan aus in die Bundesrepublik einreisen zu dürfen. Inzwischen wurde die entsprechende Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin eingereicht, wie die Welt berichtete.
Die rechtspolitische Sprecherin von „Pro Asyl“, Wiebke Judith, sagte dazu: „Den von den pakistanischen Behörden abgeschobenen Afghanen und Afghaninnen drohen willkürliche Inhaftierung, Mißhandlungen oder gar Hinrichtungen.“ Die aktuellen Abschiebungen von Pakistan nach Afghanistan seien die Folge des zögerlichen deutschen Regierungshandelns. Berlin habe die Betroffenen hingehalten, anstatt ihnen zügig Visa auszustellen, monierte Judith.
Wadephul verspricht Hilfe
Ein Mitglied des linksextremen „Patenschaftsnetzwerks Ortskräfte“, Alexander Fröhlich, betonte mit Blick auf ehemalige afghanische Ortskräfte: „Die Taliban betrachten sie als Feinde, an denen sie sich rächen wollen.“ Eine Abschiebung zurück nach Afghanistan wäre für die Betroffenen „der Tod“, ist sich Fröhlich sicher.
Wadephul hatte am selben Tag bereits betont, den betroffenen Afghanen helfen zu wollen. „Die Situation der noch in Pakistan verbliebenen Menschen aus den Aufnahmeprogrammen der Bundesregierung bereitet uns große Sorge“, sagte der Christdemokrat am Freitagmorgen. Die Bundesregierung stehe „mit der pakistanischen Regierung deshalb hochrangig in Kontakt, um den Schutz dieser Menschen zu gewährleisten und denjenigen, die in den letzten Tagen entweder abgeschoben oder verhaftet wurden, schnell zu helfen“.
Pakistan greift hart durch
Am Donnerstag hatte die pakistanische Regierung übereinstimmenden Medienberichten zufolge mit einer mehrtägigen Großrazzia in der Hauptstadt Islamabad begonnen, um Afghanen festzusetzen, die kein gültiges Visum für Pakistan besitzen. Viele der Betroffenen sind Menschen, die von der Ampel-Regierung über verschiedene Aufnahmeprogramme eine Zusage zur legalen Einreise nach Deutschland erhalten hatten, bisher aber von der Bundesregierung nicht tatsächlich ins Land geholt wurden.
Konkret gab es nach Informationen der Welt etwa 400 Festnahmen von Afghanen mit Aufnahmezusage in Deutschland. Mehrere Dutzend von ihnen seien auch bereits in ihr von den Taliban regiertes Heimatland abgeschoben worden. Insgesamt sollen von 2.200 in Pakistan festsitzenden Menschen nur noch einige Dutzend über ein gültiges Visum verfügen.
Unter der Regierung Merz gab es bislang, soweit bekannt, keinen einzigen Charterflug mit Afghanen nach Deutschland. Die Union hatte die Ampel-Regierung scharf kritisiert, als diese in den Monaten vor dem Regierungswechsel noch zahlreiche Afghanen nach Deutschland holte.
Was ist mit bereits gemachten Zusagen?
Die neue schwarz-rote Koalition verständigte sich im Koalitionsvertrag darauf, freiwillige Bundesaufnahmeprogramme „soweit wie möglich“ zu beenden. Das Auswärtige Amt betont aber, daß bereits gemachte Aufnahmezusagen rechtsverbindlich seien. Die Afghanen könnten ihre Aufnahme daher gegebenenfalls einklagen.
Unterdessen kündigte das Auswärtige Amt am Freitag weitere finanzielle Hilfen für die Ernährung der afghanischen Bevölkerung in Höhe von 5,8 Millionen Euro an. Die Mittel gingen an internationale Organisationen und würden „fernab der De-facto-Regierung der Taliban umgesetzt“, betonte Wadephul. Am Freitag jährt sich die Machtübernahme der Taliban zum vierten Mal. (st/ser)