BERLIN. Die Sondierungsverhandlungen für eine neue Bundesregierung beginnen bereits an diesem Freitag. Ursprünglich wollte die SPD die Hamburg-Wahl am Sonntag abwarten und erst am Mittwoch mit den Gesprächen beginnen. Die Union hatte das akzeptiert und in einem „Fahrplan Koalitionsverhandlungen“, über den die JF exklusiv berichtete, notiert: „nicht ins Gehege kommen“.
Offenbar hat ein Gespräch zwischen Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sowie SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil nun doch einen früheren Beginn zur Folge. Nachgeben muß die Union dagegen bei den vor ihr geplanten kleinen, kompakten und handlungsfähigen Teams von je sechs Personen. Nun werden es auf jeder Seite neun Leute sein.
Mit dem größeren Kreis steigt nicht nur die Möglichkeit, daß die Verhandlungen länger als die von der Union veranschlagten drei bis fünf Tage dauern. Auch das Risiko wächst, daß Details nach außen dringen. Das wollen beide Seiten unbedingt verhindern. Klingbeil hatte der Union sogar gedroht: „Vorschläge, von denen ich öffentlich aus der Zeitung erfahre, die sind automatisch vom Tisch.“
Sondierungen nun doch mit Esken
Die Sozialdemokraten werden mit den Gesichtern der bei der Wahl erdrutschartige Verluste erlittenen „Ampel-SPD“ in die Sondierungen gehen. Neben Klingbeil wird nun doch dessen Ko-Vorsitzende Saskia Esken dabei sein. Außerdem reden Generalsekretär Matthias Miersch, Vizeparteichef Achim Post, Verteidigungsminister Boris Pistorius, die Ministerpräsidentinnen Anke Rehlinger (Saarland) und Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) sowie Noch-Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Arbeitsminister Hubertus Heil mit.
Überraschend fehlt der ursprünglich vorgesehene niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil. Offenbar fiel er der Frauenquote zum Opfer. Die personelle Zusammensetzung könnte darauf schließen lassen, daß die Sozialdemokraten vorwiegend mit den Positionen in die Sondierungen gehen, die sie auch in der Ampel-Koalition vertreten haben.
Die Union hat die Besetzung ihrer Delegation noch nicht bestätigt. Nach Medienberichten sollen neben den Parteichefs Merz und Markus Söder (CSU) auch deren Generalsekretäre Carsten Linnemann und Martin Huber dabei sein.
Union will Merz am 2. Mai zum Kanzler wählen
Außerdem werden wohl Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Verhandlungsdelegation angehören. Neu ins Team rutschen der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer sowie die CDU-Linke Karin Prien und die CSU-Politikerin Dorothee Bär.
In ihrem „Fahrplan Koalitionsverhandlungen“ hatte die Union den 2. Mai als Termin für die Kanzlerwahl im Bundestag festgelegt. Ob es tatsächlich dazu kommt, hängt davon ab, wie schnell sich die Verhandler einig werden. (fh)