Ich widerspreche entschieden. Bloß weil er nicht Ihren westernized liberal ideas genügt, ihn als verlogen zu bezeichnen? Die Dolchstoß-Legende hat ja durchaus ihren Wahrheitskern. Die Abdankung des Kaisers war würdelos und unnötig. Die Friedensverhandlungen, die einer versteckten Kapitulation glichen, sind überstür in die Wege geleitet worden. Die Front hätte zum Jahreswechsel 1918/1919 auf die Reichsgrenze zurückgenommen und dort stabilisiert werden können – womöglich mit russischer Unterstützung (denn mit den Bolschewiki standen wir aussen- und fast schon bündnispolitisch relativ gut). Dass Hindenburg, um die eigene Feigheit während der kritischen Oktober- und Novembertage 1918 zu kaschieren, später die Dolchstoßlegende aufgebauscht hat, war eine Notlüge, derer er er sich bedient hat. Ähnliches Verhalten ist bei sehr vielen Menschen, die in der Politik aktiv sind, anzutreffen, gerade bei Liberalen, die sich ja oft vom Zweck-Nutzen-Kalkül leiten lassen. Wäre Paul von Hindenburg ein kompletter Falschspieler gewesen, hätte er nie im Volk diese Zustimmung bekommen. Das weiss ich aus Erzählungen der vorigen Generationen meiner Familie. Hindenburg war für sie wie ein Denkmal.