BUDAPEST. Der ungarische Ministerpräsident, Viktor Orbán (Fidesz), hat den EU-Asylkompromiß scharf kritisiert. „Es ist ein Pull-Faktor, die Botschaft an die Schleuser: Macht weiter so. Wir kommen hier zurecht, wir werden sie verteilen. Kommt einfach“, sagte er im Interview mit der Bild-Zeitung.
Zudem plädierte er für eine andere Politik mit Blick auf Asyl-Anträge für die EU. Wolle jemand EU-Territorium betreten, brauche es zuerst ein Verfahren. „Und diejenigen, die kommen möchten, müssen draußen warten.“ Des Weiteren sprach sich der 60jährige dafür aus, die freiwilligen Entscheidungen der Staaten zu respektieren.
Die Frage, ob sein Land EU-Strafen zahlen werde, weil es keine umverteilten Migranten aufnehme, verneinte er. Sein Land gebe mehr als zwei Milliarden Euro aus, „um den Schengen-Raum gegen illegale Einwanderer zu verteidigen“. Dafür habe Brüssel „keinen einzigen Pfennig“ gezahlt.
Orbán: „Ihr seid stolz darauf, ein Land von Neuankömmlingen zu werden“
Mit Blick auf Deutschland sagte er: „Ihr seid stolz darauf, ein Land von Neuankömmlingen zu werden. Das ist eure Entscheidung.“ Es sei nicht seine Aufgabe, die Deutschen von seinen Standpunkten zu überzeugen, genauso wie die Deutschen sich nicht in ungarische Angelegenheiten einmischen sollten.
In einem anderen Interview mit der Welt verteidigte er sich gegen den Vorwurf, an der Seite Putins zu stehen. „Ich kämpfe für Ungarn. Ich kümmere mich nicht um Putin. Ich kümmere mich nicht um Rußland. Was ich tue, ist gut für Ungarn.“ Er zeigte sich skeptisch, ob die Ukraine den Krieg militärisch gewinnen könne und prognostizierte, daß Kiew die Soldaten schneller ausgehen würden als Moskau. Die Ukrainer hätten „das Recht, über ihre eigene Zukunft zu entscheiden, ob sie in den Krieg ziehen oder nicht. Unser Recht ist es auch, Waffen und Geld zu geben oder nicht. Wir möchten Frieden haben.“
Deshalb gebe Budapest niemandem Geld und Waffen, auch nicht den Ukrainern, sondern fordere Verhandlungen. Außerdem nahm er die USA in die Pflicht, die Diplomatie mit allen Seiten zu reaktivieren. Der weitere Kriegsverlauf liege „in den Händen der Amerikaner“. (st)