WARSCHAU. Polen hat seine Entscheidung, in die Atomenergie einzusteigen, besiegelt. „Mit dem Gedanken an die Jahre 2030, 2031 oder 2032, an all die Jahre danach, haben wir heute die Entscheidung getroffen, das Schlüsselprojekt für Energiesicherheit erfolgreich zu Ende zu bringen: den Bau des Atomkraftwerks“, sagte Umweltministerin Anna Moskwa laut dem Deutschlandfunk am Dienstag. Entsprechende Vorverträge sind nun unterschrieben.
Die Entscheidung wird in Polen parteiübergreifend befürwortet. Ab 2026 soll der Bau beginnen. Insgesamt sechs Anlagen sind geplant. Warschau will mit AP1000-Druckwasserreaktoren des US-Konzerns Westinghouse in die nukleare Produktion von Strom einsteigen. Energie und Rüstung stammen aus den USA und Südkorea.
Deutschland klatscht sich mit Polen ab
Anders sieht es indes in Deutschland aus. Am Samstag sollen die letzten drei verbleibenden Kernkraftanlagen Isar 2, Neckarwestheim und Emsland vom Netz gehen. Wirtschaftsvertreter prognostizieren Versorgungsengpässe und Preisschocks. Der Atomausstieg war 2011 unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschlossen worden.
Ausgerechnet von mehreren Christdemokraten kommt nun scharfe Kritik. Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion in Thüringen, Mario Voigt, bezeichnete die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke als „historischen Fehler“. Er sei schon damals gegen den Ausstieg gewesen. „Die Welt ist heute eine völlig andere als 2011. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben sich auch die energiepolitischen Parameter völlig verändert.“
Atomkraft sei für wirtschaftliche Stabilität weiter nötig. Seiner Ansicht nach müsse die Forschung an der Kernfusion vorangetrieben werden. „Wir dürfen bei der Entwicklung der Kernenergie der nächsten Generation nicht abgehängt werden“, betonte er.
Göring-Eckardt: Strompreise werden sinken
Auch sein Parteikollege, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, forderte, die Anlagen weiterlaufen zu lassen. „Die Energiepolitik der Bundesregierung ist kurzsichtig, die von der Ampel geplante Abschaltung der Atomkraftwerke grundverkehrt“, kritisierte er. Eine stabile und bezahlbare Energieversorgung sei nicht nur für die heimische Volkswirtschaft entscheidend, sondern auch für den Erhalt von Arbeitsplätzen.
Die #Energiepolitik der #Bundesregierung ist kurzsichtig, die von der Ampel geplante Abschaltung der #Atomkraftwerke grundverkehrt. Es kann nicht richtig sein, in der jetzigen Situation das Angebot ohne Not zu verknappen. pic.twitter.com/vsE47s5fUB
— Michael Kretschmer (@MPKretschmer) April 11, 2023
Optimistisch zeigte sich hingegen Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne). Sie erwarte trotz des Atomausstiegs perspektivisch sinkenden Energiekosten. „Der Strompreis wird natürlich günstiger werden, je mehr Erneuerbare wir haben“, sagte sie dem MDR. Auch für die Versorgungssicherheit sei in Deutschland keine Atomkraft mehr nötig. (zit)