BERLIN. Im ersten Prozeß gegen Straßenblockierer der selbsternannten „Letzten Generation“ hat der Richter ein mildes Urteil gesprochen. Der 20jährige, der gegen einen Strafbefehl Widerspruch eingelegt hatte, wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt. Er muß wegen Nötigung 60 Stunden, also anderthalb Wochen, Freizeitarbeit leisten. Vom Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt sprach ihn der Richter Günter Räcke frei.
Eine Geldstrafe von 1500 Euro hatte dagegen die Staatsanwaltschaft gefordert. Außerdem beantragte sie ein Urteil nach Erwachsenenstrafrecht wegen Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
Der Philosophiestudent Nils R. aus Leipzig war nach Berlin gekommen und hatte sich auf einer Auffahrt zur Stadtautobahn mit Gesinnungsgenossen festgeklebt, um den Verkehr zu blockieren. Das räumte er freimütig ein, sagte aber, er habe sich nicht mehr anders zu helfen gewußt, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Später wolle er Journalist werden oder an der Uni arbeiten, verkündete der Blockierer.
Applaus für Rede gegen Klimawandel
R., Sohn zweier Juristen, kam mit zahlreichen Unterstützern, die mit Masken im Zuschauerraum saßen, und einer eigenen Pressesprecherin. Diese verteilte eine ideologisierte Erklärung, die R. im Gerichtssaal monoton verlies, an die Journalisten. Die Verhandlung glich eher einem Podium für die „Letzte Generation“ als einem Prozeß. Anwalt Lukas Theune, der die Einstellung des Verfahrens forderte, trug ebenfalls eine Erklärung zum Klimawandel vor, die wiederum von den Aktivisten beklatscht wurde. Der Richter, der sagte, daß er die inhaltlichen Ziele der Blockierer nicht bewerten dürfe, ließ die Störungen geschehen und fällte schließlich sein mildes Urteil.
Bislang hat die Staatsanwaltschaft mehr als 100 Strafbefehle gegen die Straßenblockierer versandt. 24 von ihnen legten Widerspruch ein. Auch hier wird es zu Terminen vor Gericht kommen. (fh)