Daß öffentlich-rechtliche Sender wie ARD und ZDF ihren Bildungsauftrag mitunter eher als Erziehungsauftrag betrachten, sollte auch in der letzten Zuschauerreihe angekommen sein. So ist es auch nicht überraschend, wenn Journalisten mittlerweile eher missionieren statt zu informieren. Die kollektive Erweckung der Gesellschaft ist der Motor des heutigen Haltungsjournalismus. Dies zieht sich freilich durch sämtliche TV-Formate und ist schon längst in der ARD-Sendung „Wissen vor acht“ angekommen.
In verschiedenen Rubriken, wie „Mensch“, „Zukunft“, „Natur“ oder „Erde“ wird in knackigen drei Minuten Wissen in verdaulichen Portionen an den Mann und an die Frau gebracht. Kredenzt werden die Wissenshäppchen von TV-Promis wie Thomas D, Mitglied der Hip-Hop-Band „Die Fantastischen Vier“ oder der „Panorama“-Moderatorin Anja Reschke. Dem einem oder anderem mag der Name Reschke vielleicht noch in Erinnerung sein. Sie sprach 2019 in einem Interview über den „erzieherischen Auftrag“ der öffentlich-rechtlichen Medien.
ARD belehrt Zuschauer über Deutschlands CO2-Ausstoß
Was vor drei Jahren für reichlich Diskussionen sorgte, hat sich heute etabliert – von der erzieherischen Werbung bis zum moralischen Vorschlaghammer jeden Sonntagabend beim „Tatort“. Fernsehen ohne den erhobenen und politisch-korrekten Zeigefinger scheint im Programmplan der GEZ-alimentierten Intendanten keinen Platz mehr zu haben. Auch nicht im ARD-Vorabendformat „Wissen vor acht“. So kam es, daß der Arzt und Wissenschaftsjournalist Eckhart von Hirschhausen am Mittwoch die Folge „Klimazwerg Deutschland?“ moderierte und dem Zuschauer eine Lektion in Demut lehrte.
Eingangs verwies der Medizin-Entertainer darauf, daß aus Deutschland im Jahr 2019 gerade einmal knapp zwei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen stammten. Die großen Verursacher seien die USA und China. 1,94 Prozent „klingen erstmal nicht viel, aber das ist ja eine Frage der Perspektive“, schob von Hirschhausen nach. Es handle sich dabei aber um den pro Kopf Ausstoß. „Das reicht für Platz 37 im internationalen Ranking. Anders sieht es aus, wenn man sich die absoluten Zahlen anschaut.“ Im Sport ist eine solche Platzierung eine Blamage, beim Eurovision Song Contest wäre es hingegen ein Fortschritt. Damit kann sich Deutschland in Sachen Klimarettung aber freilich zufriedengeben.
Emanuel Geibels Gedichtzeile „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen“ ist das Motto woker Weltverbesserer. Die Bundesrepublik muß vorangehen: Beim Thema Klima, Migration, Diversität oder sonst was. Hauptsache Deutschland ist ganz vorne dabei in Sachen moralischer Imperialismus.
Von Platz 37 auf Platz vier
So rechnet Eckart von Hirschhausen den deutschen CO2-Ausstoß in weiteren Balkendiagrammen ruckzuck einige Plätze nach vorne. Im Jahr 2019 habe das Land insgesamt 711 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Damit landet die Bundesrepublik auf Platz sieben. Schon besser! Mahnend ergänzt er: „Außerdem haben wir einen Teil unserer Emissionen einfach ausgelagert. Dinge wie Auto- oder Maschinenteile, Stahl, Computer oder Smartphones, werden von uns importiert. Die Emission dieser Güter gehen jedoch zu Lasten der Produktionsländer und tauchen in unserer Bilanz gar nicht auf. Würden wir sie bei uns verbuchen, würden wir in der Rangliste noch einmal um einen Platz nach vorne rücken.“
Na, wenn das keinen Sportsgeist weckt! Von Hirschhausen ist noch nicht fertig: „Weil CO2 zudem mehrere Jahrzehnte, bis Jahrtausende in der Atmosphäre bleibt, ist es nur fair, auch den vergangenen Ausstoß miteinzurechnen. Berücksichtigt man die fossilen Emissionen, die Deutschland seit Beginn der Industrialisierung in die Luft gepustet hat, rücken wir mit über 90 Milliarden Tonnen auf Platz vier vor.“
Die Zuschauer fragten sich zu diesem Zeitpunkt wohl, ob Deutschland es nach den Berechnungen des Mediziners nicht doch noch von einem anfänglichen Platz 37 auf das Treppchen schafft. Dieser stellte prompt die alles entscheidende Frage: „Warum sind wir eigentlich nicht auf Platz eins?“ Womöglich werden die Macher der Sendung Deutschlands Schuld am Klimawandel beim nächsten Mal nicht nur bis zum Beginn der Industrialisierung zurückrechnen, sondern weit darüber hinausgehen. Vielleicht wird dann ermittelt, wie viel CO2 Druiden und Kelten in die Luft geblasen haben.