Lebhaft wird in den Reihen der AfD auch eine Woche nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz über die Ursachen für die hohen Verluste der Partei gestritten. Eine detaillierte Auswertung der Wählerwanderungsanalyse von Infratest Dimap für die ARD fördert hier interessante Zahlen zutage, die die JUNGE FREIHEIT noch einmal ausgewertet hat.
In den Fokus geraten waren bei der Wahlnachbetrachtungen vor allem die starken Verluste der AfD, die sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Baden-Württemberg in ähnlicher Größenordnung prozentual Stimmen eingebüßt hat. In absoluten Zahlen stechen nun bei der sogenannten „Wählerwanderung“ die Abgänge an die „Nichtwähler“ hervor. Dieser Umstand wurde in einigen Bewertungen besonders hervorgehoben.
Alle Parteien verloren an die Nichtwähler
Es muß nun in Rechnung gestellt werden, daß aus einer Mischung von Gründen sich die Wähler nicht nur bei der AfD, sondern bei allen Parteien bei den aktuelle Urnengängen in Zurückhaltung geübt haben. Es muß vermutet werden, daß dies eine Begleiterscheinung der Corona-Pandemie ist, die erstens die Wähler nicht in dem Maße politisch polarisiert hat wie 2016 die Flüchtlingskrise und zweitens Bürger wegen der allgemeinen Kontakteinschränkungen eine geringere Motivation hatten, zur Wahl zu gehen. All dies wäre in einer detaillierten Erhebung durch ein Meinungsforschungsinstitut zu ergründen.
Tatsächlich hat nun die AfD überproportional gegenüber etablierten Parteien Stimmen an Nichtwähler eingebüßt. Entscheidender als die absoluten Zahlen ist jedoch, wie viel abweichend vom statistischen Mittel der anderen Parteien die AfD verloren hat: Hier zeigt sich beim Blick auf die Zahlen, daß aufgrund der zurückgegangenen Wahlbeteiligungen alle Parteien an Nichtwähler verloren haben.
Gründe für Nichtwahl sind diffus
So haben die anderen Parteien neben der AfD in Rheinland-Pfalz im Mittel 11,5 Prozent ihrer Stimmen an Nichtwähler verloren. Demgegenüber hat die AfD in diesem Bundesland 22,7 Prozent der Stimmen an Nichtwähler eingebüßt, also doppelt so viel. Entscheidend ist nun aber das Saldo: 11,2 Prozent hat die AfD danach über dem Mittel eingebüßt.
In Baden-Württemberg sieht es interessanterweise etwas anders aus. Hier haben die anderen Parteien im Mittel etwas mehr Stimmen an die Nichtwähler verloren, nämlich 13,6 Prozent. Dafür hat die AfD hier im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz nur 16,7 Prozent an die Nichtwähler eingebüßt. Dies bedeutet, daß die AfD hier per Saldo lediglich um 3,1 Prozent mehr Stimmen an die Nichtwähler abgegeben hat, als im Mittel der anderen Parteien.
Die Gründe für die Nichtwahl sind diffus und noch nicht durch Befragungen ermittelt. Es kann vermutet werden, daß sich Wähler der AfD aus widerstreitenden Motiven abgewendet haben. Den einen mag die Partei zu radikal, den anderen zu gemäßigt, wieder anderen zu zerstritten sein.
AfD verliert stärker als CDU und FDP an Nichtwähler
Wesentlich klarer dürften die Motive der Wähler sein, die bei der aktuellen Wahl zu CDU, FDP oder Freien Wählern gewandert sind. Wer sich für die Wahl einer der anderen bürgerlichen Parteien entschieden hat, dem dürfte neben andere Gründen im Zweifel der Kurs der AfD inzwischen zu radikal geworden sein, diese Wähler konnten durch das aktuelle Gesamtbild der AfD nicht mehr erreicht werden.
Und hier sticht heraus, daß in Baden-Württemberg in Summe 17,9 Prozent der AfD-Wähler von 2016 bei der aktuellen Landtagswahl ihr Kreuz bei der CDU (11,7 Prozent) und der FDP (6,2 Prozent) gemacht haben. Demgegenüber verlor die AfD im Saldo im Vergleich zu den anderen Parteien nur 3,1 Prozent mehr an die Nichtwähler – bei einer diffusen Motivlage.
In Rheinland-Pfalz wanderten 10 Prozent der AfD-Wähler von 2016 zu CDU, FDP und Freien Wählern ab. Ein größeres Saldo in Höhe von 11,2 Prozent verlor die AfD an die Nichtwähler – wobei auch hier die exakten Motive unklar sind, weshalb die Wähler diesmal zur Wahlenthaltung neigten. (DS)