BERLIN. Die Frankfurter Ethnologin Susanne Schröter hat sich für ein entschlosseneres Vorgehen gegen den politischen Islam ausgesprochen. Anders als beim Rechtsradikalismus würden moslemische Täter und Taten verharmlost. Nach entsprechenden Anschlägen übten sich deutsche Politiker in „ritueller Betroffenheitsrhetorik und gingen dann zum Tagesgeschäft über“, kritisierte Schröter am Donnerstag gegenüber der Welt.
Bislang hätten Politiker keine ernsthaften Konsequenzen wie die Schließung radikaler Moscheen oder die Abschiebung von Extremisten beschlossen. Stattdessen blendeten viele von ihnen aus, daß islamischer Extremismus in moslemischen Gemeinschaften gedeihe. Politiker seien oftmals der Ansicht „Dschihadisten seien selbst Opfer, und zwar wahlweise Opfer von Diskriminierung oder Opfer einer imperialistischen Außenpolitik“, schilderte die Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam.
Islamkritiker seien Verteidiger von Freiheitsrechten
Kritik am politischen Islam werde von „lautstarken Akteuren“ als „islamophobisch“ denunziert. Viele Personen schwiegen lieber, um dem Vorwurf der Diskriminierung zu entgehen. Das gefährde die Wissenschaftsfreiheit. „Das ist ein fataler Fehler, der auf einem fundamentalen analytischen Irrtum besteht. In einer wehrhaften Demokratie sollte es keinen Religionsbonus bei der Bekämpfung von gewalttätigem Extremismus geben.“
Es gehe bei der Diskussion um den politischen Islam auch nicht um eine Entscheidung zwischen Moslems oder westlicher Mehrheitsgesellschaft, sondern lediglich um Demokratie und Menschenrechte auf der einen Seite und eine totalitäre Ordnung auf der anderen. Derzeit spiele sich ein Kulturkampf in der islamisch geprägten Welt ab, der auch in Europa ankomme. „Kritiker des politischen Islam sind daher keine Rassisten, sondern Demokraten und Verteidiger von individuellen Freiheitsrechten“, bekräftigte die Ethnologin.
Vertreter des politischen Islams würden staatlich gefördert
Mittlerweile seien Vertreter des politischen Islams aber in einflußreiche Positionen gekommen und würden staatlich gefördert. „Es ist ein verhängnisvolles Signal, wenn Mitglieder auslandsabhängiger islamistischer und ultranationalistischer Vereinigungen zu Partnern des Staates ernannt werden, die demokratische Opposition jedoch nicht beachtet wird.“
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron (En Marche) hatten sich Anfang November darauf verständigt, im Kampf gegen den politischen Islam stärker zusammenzuarbeiten. Zuvor hatte es islamistische Terroranschläge in beiden Ländern gegeben. In Wien erschoß ein IS-Sympathisant mehrere Passanten in der Innenstadt. In Nizza tötete ein radikaler Moslem drei Menschen in einer Kirche. Kurz zuvor hatte ein Tschetschene nahe Paris den Geschichtslehrer Samuel Paty enthauptet, der in einer Unterrichtsstunde über Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte. (zit)