BERLIN. Deutsche Supermarktketten, darunter Edeka und Lidl, haben an die Bundesregierung appelliert, den Druck auf Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro zu erhöhen. Grund dafür seien die Abholzung im Amazonas-Gebiet und ein aus ihrer Sicht begangener Raubbau. Edeka-Chef Markus Mosa betonte gegenüber der taz, sich für „entwaldungsfreie Lieferketten“ sowie nachhaltige Produkte aus „verantwortungsvoller Waldwirtschaft“ einzusetzen.
Zudem habe sich das Unternehmen der „Soja-Initiative“ der Supermarktkette Lidl angeschlossen. Diese hatte im Januar 2018 mitgeteilt, „langfristig ausschließlich nachhaltigere und gentechnikfreie Futtermittel einzusetzen.“ Dabei bevorzugten sie „heimische Eiweißfutteralternativen vor Soja oder zumindest Soja aus der EU“.
Bolsonaro bezeichnet NGOs als „Krebs“
Lidl bestätigte, auch die Umstellung auf einen nachhaltigeren Soja-Anbau in Brasilien zu fördern, wie aus einem Schreiben an die grüne EU-Abgeordnete Anna Cavazzini hervorgeht, das der taz vorliegt. Man teile die Bedenken der Grünen, was die Entwicklungen im Amazonas-Gebiet betreffe. Die EU-Politikerin hatte im Juni die Regierung Bolsonaro beschuldigt, die Umwelt im Nordwesten Brasiliens zu zerstören.
Bolsonaro hatte in einer Facebook-Übertragung vergangene Woche auf die Anschuldigungen seiner Kritiker reagiert. Er bezeichnete Nichtregierungsorganisationen (NGOs) als „Krebs“, den er am liebsten ausrotten wolle. Diese hätten ihm nichts zu sagen.
Diskussion um Lieferkettengesetz geht weiter
Unterdessen reißt auch die Diskussion um das geplante Lieferkettengesetz nicht ab, das Unternehmen verpflichten soll, Menschenrechte einzuhalten. Dabei sollen sie nicht nur für die Einhaltung von sozialen und ökologischen Mindeststandards bei ihren direkten Partnern verantwortlich sein, sondern für die gesamte Lieferkette.
Wirtschaftsverbände stellen sich gegen das Vorhaben und verlangen unter anderem, daß es keine zivilrechtliche Haftung geben und das Gesetz nicht für die gesamte Lieferkette gelten solle. Wenn man Unternehmen für das Handeln Dritter verantwortlich mache, könne es dazu führen, daß sich die Firmen aus manchen Ländern zurückziehen, mahnte Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) im Deutschlandfunk.
Entscheidend sei, daß ein solches Gesetz für die Unternehmen umsetzbar wäre. Firmen hätten zwar eine Handhabe, wenn es um die Kooperation mit anderen Unternehmen gehe. Bei Zulieferern hätten sie aber „keinen Einfluß mehr“. Die Regierung will die Eckpunkte für die auch als Sorgfaltspflichtengesetz genannten Regelungen in dieser Woche beschließen. (zit)