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Trumps Nahostinitiative: Ein Plan für die Papiertonne

Trumps Nahostinitiative: Ein Plan für die Papiertonne

Trumps Nahostinitiative: Ein Plan für die Papiertonne

U.S. WASHINGTON D.C. TRUMP ISRAEL NETANYAHU PRESS CONFERENCE
U.S. WASHINGTON D.C. TRUMP ISRAEL NETANYAHU PRESS CONFERENCE
US-Präsident Donald Trump und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zu Trumps Friedensplan in Washington Foto: picture alliance / Photoshot
Trumps Nahostinitiative
 

Ein Plan für die Papiertonne

Der Nahost-Friedensplan von US-Präsident Donald Trump stößt auf Begeisterung in Israel, empört aber die Palästinenser. Eine Basis für Verhandlungen bietet der Vorstoß nicht. Für Israel macht er allerdings die Argumentation für De-facto-Annexionen einfacher. Eine Analyse von Thorsten Brückner.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Bill Clinton kann ein Lied davon singen, wie schnell man sich als US-Präsident mit eigenen Initiativen zur Lösung des Nahostkonflikts die Finger verbrennen kann. Der Gipfel von Camp David 2000, als Jassir Arafat und Ehud Barak an der Aufgabe scheiterten, unter Clintons Vermittlung einen endgültigen Status auszuhandeln, steht bis heute symbolisch für das außenpolitische Scheitern einer Präsidentschaft.

Clintons Nachfolger George W. Bush zog daraus die Lehre, nur als Vermittler mit gebührendem Sicherheitsabstand aufzutreten. Der bisher weitreichendste Friedensplan, der sogar der palästinensischen Forderung nach Ostjerusalem nachgekommen wäre, stammt ohnehin aus der Region selbst, vom damaligen israelischen Premierminister Ehud Olmert. Ein Vorstoß, der nicht nur deswegen heute kaum mehr Beachtung findet, weil er wegen der israelischen Militäroperation „Gegossenes Blei“ im Gaza-Streifen 2008 und der Abwahl Olmerts im darauffolgenden Jahr nicht weiterverfolgt wurde, sondern auch, weil er ohne medienwirksame Ankündigungen und Zeremonien aus Washington auskam.

Keine Verhandlungsgrundlage

Nun versucht US-Präsident Donald Trump seine Spuren im Treibsand Nahost zu hinterlassen. Doch anders als bei vorangegangenen Initiativen handelt es sich um einen Friedensplan für die Papiertonne, zumindest dann, wenn man die Realitäten in der Region ernst nimmt. Trump bietet den Palästinensern in dem maßgeblich von seinem Schwiegersohn Jared Kushner verantworteten Plan so gut wie nichts.

Jerusalem soll vereint und vollständig israelisch bleiben. Für die Palästinenser blieben nur Vororte von Jerusalem wie Abu Dis, Kfar Aqab und Teile von Shuafat. Auch die Karte der territorialen Neugestaltung der Region wirkt, als wäre sie von einem Beamten im israelischen Verteidigungsministerium gezeichnet worden. Problematisch ist dabei weniger, daß die Palästinenser auf etwa 30 Prozent der Westbank verzichten sollen, sondern daß unter Trumps Plan Israel weiterhin die Kontrolle über die Jordan-Ebene und damit die Grenze zu Jordanien behalten würde – ein Punkt, der, legt man israelische Sicherheitsbedürfnisse zugrunde, vollkommen nachvollziehbar ist, um etwa eine schleichende Militarisierung eines palästinensischen Staates oder das Einsickern von Terroristen zu verhindern.

Nur: Für die Palästinenser ist das keine Verhandlungsgrundlage. In zwei weiteren Punkten kündet der Plan dagegen von realistischen Ansätzen. Zu großen Umsiedlungen und Bevölkerungstransfers soll es nicht kommen. 97 Prozent der Israelis auf der Westbank (häufig als Siedler bezeichnet) sollen ebenso in ihren Häusern wohnen bleiben dürfen wie 97 Prozent der dort lebenden Palästinenser. Dem trägt ein kompliziertes System aus Enklaven Rechnung, die jedoch alle eint, daß sie unter israelischer Sicherheitskontrolle stünden.

„Weniger als ein Staat“

Beim Punkt Flüchtlinge unterstreicht der Plan, was alle früheren Initiativen ebenfalls gefordert haben: Für die 1948 während der Kampfhandlungen zwischen Israel und den arabischen Staaten teilweise geflüchteten, teilweise vertriebenen Palästinenser, die heute größtenteils in Flüchtlingslagern im Libanon oder als Bürger in Jordanien leben, soll es kein Rückkehrrecht in den Staat Israel geben. Sie dürfen demnach wählen zwischen einem Verbleib in ihrem jetzigen Land oder einer Ansiedlung im neu zu schaffenden Staat Palästina.

Inwieweit man allerdings bei dem von der Trump-Administration umrissenen Gebilde von einem Staat mit allen Attributen eines Staates sprechen kann, ist zweifelhaft. Eher erfüllt es die vom früheren Premierminister Yitzhak Rabin in der letzten Knesset-Rede vor seiner Ermordung geprägte Definition eines territorialen Gebildes, das „weniger als ein Staat“ ist. Daß der Plan vom Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde Abu Mazen sogleich abgelehnt und als „Verschwörung“ sowie als „Ohrfeige“ bezeichnet wurde, muß nicht verwundern.

Auch nicht, daß die Freunde der gepflegten Empörungskultur zwischen Nablus und Gaza kurz darauf auf die Straße gingen und Bilder von Donald Trump verbrannten. All diese Reaktionen zeugen von Unverständnis, was dieser Plan in Wahrheit bezweckt. Er ist eben kein ernstzunehmender Vorstoß zur Lösung des Konflikts, sondern ein PR-Gag. Sowohl Trump als auch sein israelisches Gegenüber Benjamin Netanjahu brauchen derzeit gute Presse. Oder zumindest eine Presse, die ihren Namen nicht pausenlos mit den Begriffen Impeachment beziehungsweise Korruptionsanklage in Verbindung bringt.

Netanjahu kämpft um sein politisches Überleben

In einem Punkt könnte der Plan jedoch konkrete Folgen haben. Seit langem wird in Israel über die Annexion der Jordanebene diskutiert. Mit der Forderung zieht Netanjahu auch in die abermaligen Neuwahlen am 2. März. Doch nicht nur Netanjahus Verteidigungsminister Naftali Bennet geht das nicht schnell genug. Auch Netanjahu hat jetzt angekündigt, am Sonntag das Kabinett über die Annexion israelischer Siedlungen (die derzeit der Militärgerichtsbarkeit unterliegen) und des Jordantals abstimmen zu lassen.

Unmittelbar ändern wird das freilich nichts. Schon jetzt übt Israel dort jeweils die volle Kontrolle aus. Vorsicht ist auch geboten bei der Argumentation, es handele sich dabei nicht um eine Annexion. Das stimmt formaljuristisch. Genau wie Israel entgegen herkömmlicher Auffassung nie die Golan-Höhen annektiert hat. Lediglich israelische Rechtsprechung kommt dort zur Anwendung. Eine Annexion hätte zur Folge, daß Israel der dort lebenden Bevölkerung (im Falle des Golan vor allem pro-syrische Drusen, im Fall der Westbank Palästinenser) die Staatsbürgerschaft nicht verweigern dürfte.

Dennoch wäre eine Abstimmung darüber für Netanjahu ein wichtiger Wahlkampferfolg, der seiner Anhängerschaft suggerieren würde, daß er sich noch um mehr kümmert als seine private Verteidigung gegen Korruptionsvorwürfe und die Rettung seines Jobs. Netanjahu hat dabei zwei Ziele im Auge: Seinen Likud wieder zur stärksten Kraft in der Knesset zu machen und eine Mehrheit für den nationalreligiösen Block zu erreichen, der derzeit in keiner Umfrage auf die erforderlichen 61 Sitze käme. Daß Trumps Plan für den jüdischen Staat nicht die schlechteste Lösung wäre, ist im politischen Israel übrigens Konsens. Auch Netanjahus Widersacher Benny Gantz hat den Plan als „historischen Meilenstein“ gewürdigt und versprochen, diesen zur Grundlage seiner Politik zu machen, sollte er nächster Premierminister werden.

US-Präsident Donald Trump und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zu Trumps Friedensplan in Washington Foto: picture alliance / Photoshot
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