An der Wiener Universität ging am Mittwoch mittag ein unruhiges Semester in seine Schlußphase. Nachdem linksextreme Demonstranten in der vergangenen Woche die Vorlesung des Historikers Lothar Höbelt durch eine Hörsaalblockade verhindert hatten, konnte am Dienstag der letzte Termin dieser Lehrveranstaltung abgehalten werden. Die Leitung der Universität hatte Proteste verboten und vorsorglich Polizeischutz angefordert.
Empört darüber rief die „Hochschülerinnenvertretung“ zusammen mit linksextremen Organisationen dazu auf, stattdessen den traditionellen Bummel der Wiener Studentenverbindungen am Mittwoch zu verhindern. Seit über 100 Jahren treffen die sich auf der Hauptrampe vor dem Universitätsgebäude, um anschließend durch die Stadt zu flanieren. Dem Antifa-Appell folgten 75 teils vermummte Personen, berichtete ein Teilnehmer des Bummels, Alexander Schleyer, der JUNGEN FREIHEIT.
Die wieder von der Universitätsleitung vorsorglich gerufene Polizei sei jedoch durch Zurückhaltung aufgefallen. „Obwohl seitens der Wiener Korporationen darauf hingewiesen wurde, daß der Versammlungsort behördlich bewilligt ist, merkte der Einsatzleiter nur an, daß die linke Demonstration zwar untersagt sei, die Beamten aber aus Gründen der Deeskalation nicht räumen werden“, so Schleyer, der dem akademisches Corps Hansea zu Wien angehört und in diesem Semester im Vorstand des Wiener Korporationsrings für den Bummel zuständig ist.
Linke kämpfen um Deutungshoheit
Wenig deeskalierend wirkten demnach die Linksextremen, die ihrerseits provozierten und Drohungen riefen. Dabei verspotteten sie auch einen Verbindungsstudenten, der während der Ausschreitungen vergangene Woche von den Höbelt-Gegnern verletzt worden war und im Krankenhaus versorgt werden mußte. Auch ein Mitglied des FPÖ-nahen Rings Freiheitlicher Studenten war damals attackiert worden.
Schleyer, der als Alter Herr seines Corps das Geschehen an der Wiener Universität verfolgt, ist sich sicher, daß die linksextremen Organisationen in den Vorlesungen Höbelts nur einen neuen Anlaß für ihre Blockaden sehen. Deren Protest richte sich vielmehr allgemein gegen konservative Meinungen, um die linke Deutungshoheit an den Hochschulen zu verteidigen. Daher seien Höbelt und auch der Wiener Akademikerball, der von der FPÖ organisiert wird, symbolische Ziele.
Wie diese Auseinandersetzung fortgesetzt wird, muß das nächste Semester zeigen. Doch mit dem Akademikerball am Freitag steht ein Ereignis an, gegen das sich wie schon in den Vorjahren linksextreme Gruppen in Stellung bringen. In der Vergangenheit hatte die Tanzveranstaltung, die vormals von den farbentragenden und mehrheitlich schlagenden Wiener Korporationen ausgerichtet wurde, zu schweren Ausschreitungen in der österreichischen Hauptstadt geführt.
Der Bummel nahm dieses Mal unter Polizeischutz einen geordneten Verlauf. Doch die jüngsten Ereignisse rund um die Hochschule deuten nicht darauf hin, daß die Wut der organisierten Linksextremen so schnell abklingen wird.