BERLIN. Die Vertreterin der Internationalen Organisation für Migration in Deutschland, Monica Goracci, hat den Migrationspakt verteidigt und Einwanderung als Wohlstandsquelle gelobt. „Legale Migration trägt entscheidend zur Wirtschaftskraft des Aufnahmelands bei. Und sie bereichert unser Leben. Schauen Sie sich die internationalen Restaurants in Berlin an“, sagte Goracci der Welt.
„Wir müssen deutlicher zeigen, daß Migranten eine Bereicherung darstellen – und zwar in vielen Aspekten unseres Lebens“, ergänzte sie. Viele Konflikte wie Ausländerkriminalität oder mangelnde Integration hätten vor allem mit „irregulärer Migration“ zu tun. Solche Einwanderer lebten im Schatten der Gesellschaft und könnten nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
„Warum sollten sich Menschen, die am Leben der Gesellschaft teilhaben und sich zugehörig fühlen, gegen die Bevölkerung in ihrem Aufnahmeland stellen?“, gab Goracci zu bedenken. „Wir müssen daran arbeiten, daß es mehr gegenseitiges Vertrauen und Akzeptanz gibt.“
„Es ist ein Mythos, zu glauben, daß Grenzen Migration verhindern“
Auch wenn es um den Migrationspakt derzeit ruhiger geworden sei, bedeute das nicht, daß nichts passiere. „Viele Länder arbeiten daran, die Maßnahmen des Paktes umzusetzen. Hinzu kommt der Prozeß auf UN-Ebene, in dem es darum geht, die Länder bei der Umsetzung zu unterstützen.“ Es sei zwar richtig, daß bislang neben Deutschland nur sehr wenige Länder in den entsprechenden Fonds eingezahlt hätten, mehrere Länder hätten jedoch ihre Zahlungsbereitschaft zugesichert.
Goracci bestritt den Nutzen von Grenzen zur Eindämmung von Einwanderung. „Es ist ein Mythos, zu glauben, daß Grenzen Migration verhindern – sie verlagern sie nur in den illegalen Bereich.“ Wer das Schleppergeschäft verhindern wolle, müsse Barrieren abbauen. Trotzdem habe jeder Staat das Recht, selbst zu entscheiden, wer ins Land komme. „Das muß auch erhalten bleiben.“
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Bedenken von Kritikern des Abkommens, wonach das nichtverbindliche Regelwerk als sogenanntes Soft-Law doch nach und nach verpflichtend werde, wies Goracci zurück. „Ich kenne die Diskussion. Wir haben das analysiert und geprüft – aus dem Pakt lassen sich keine Verpflichtungen ableiten.“
Heftige Debatte in Deutschland
Vor rund einem Jahr war eine heftige Debatte über den „Globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“ entbrannt. Die Vereinbarung war zunächst mehrere Monate außerhalb einer öffentlichen Debatte auf UN-Ebene ausgehandelt worden. Als mehrere Staaten, darunter Ungarn und Österreich, sich aus dem Pakt zurückzogen, flammte auch in Deutschland eine Diskussion darüber auf.
Während die Bundesregierung die Vereinbarung, die am 10. Dezember 2018 in der marokkanischen Hauptstadt offiziell angenommen wurde, verteidigte, kritisierten vor allem die AfD, einige Juristen und Journalisten das Vorhaben. Der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel warnte etwa, daß der Pakt für Länder wie Deutschland schlußendlich doch verbindlich werde.
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„Wenn wir uns in fünf Jahren noch mal über diesen Pakt unterhalten, werden wir eine ganze Menge von Entscheidungen haben, auf internationaler wie auf nationaler Ebene, in denen er herangezogen worden ist zur Auslegung von Rechtsnormen“, sagte Merkel dem Deutschlandfunk.
Gerade ein Rechtsstaat wie Deutschland könne sich der politischen Verbindlichkeit eines solchen Paktes nicht entziehen. „Selbstverständlich kann sich Marokko oder Somalia oder Afghanistan viel leichter darauf zurückziehen, zu sagen, das ist ja rechtlich nicht verbindlich als ein Rechtsstaat wie die Bundesrepublik.“
Anstatt dem Pakt einfach beizutreten, wie es die Bundesregierung getan habe, wäre nach Meinung des Juristen der bessere Weg gewesen, „eine ganze Reihe von substanziellen Vorbehalten“ anzumelden, die man im Völkerrecht bei solchen Vereinbarungen immer einbringen könne. (ls)