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Syrienkonflikt: Wenn der Krieg zu uns kommt

Syrienkonflikt: Wenn der Krieg zu uns kommt

Syrienkonflikt: Wenn der Krieg zu uns kommt

Kurden
Kurden
Kurden protestieren in Köln gegen die türkische Militäroffensive in Syrien Foto: picture alliance/Fabian Strauch/dpa
Syrienkonflikt
 

Wenn der Krieg zu uns kommt

Deutschland wird zunehmend zum Schauplatz verfeindeter ethnischer Gruppen. Die Ausschreitungen zwischen Kurden und Türken sind erst der Anfang. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich auch Syrer in Deutschland in dem Konflikt zu Wort melden. Ein Kommentar von Laila Mirzo.
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Mit den Migranten kommen auch ihre Konflikte ins Land. Die Spannung zwischen Kurden und nationalistischen Türken verschärft sich mit jedem weiteren Tag der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien. Tumulte, Attacken und verletzte Polizisten, das ist die Bilanz der jüngsten Demonstrationen von Kurden gegen die Syrien-Offensive der Türkei.

Bei Demonstrationen kochen die Emotionen derart hoch, daß es zu Gewaltausbrüchen kommt. Auf beiden Seiten wirken Kräfte mit hohem Aggressionspotential. Militante Kurden und rechtsextreme Mitglieder der nationalen „Grauen Wölfe“ provozieren sich gegenseitig und gießen Öl in den heißen Konflikt zwischen der Türkei und den Kurden im syrischen Grenzgebiet.

So wurde vergangene Woche in Lüdenscheid bei einer Kurden-Demo ein türkischstämmiger Mann durch eine Messerattacke schwer verletzt. Bei Steinwürfen zwischen den verfeindeten Fronten kamen in Bottrop auch Polizisten zu schaden. Auch im österreichischen Linz kam es zu Gewaltausbrüchen zwischen Kurden und Türken. Dort verfolgten Männer mit Kurdistan-Flagge einen Mann und prügelten ihn mit Schlägen und Tritten zu Boden. Im nordrhein-westfälischen Herne demolierten aufgebrachte Kurden einen türkischen Kiosk.

Solidarität auf dem Fußballfeld

Es nicht das erste Mal, daß externe Konflikte auf deutschen Straßen ausgetragen werden. Die Bilder und Parolen erinnern an die Proteste und Ausschreitungen aus dem Jahr 1994. Trauriger Höhepunkt der Eskalation war damals die Blockade der A3 durch hunderte von Demonstranten und ihren Fahrzeugen. Gewaltbereite Kurden hatten Benzinkanister dabei und drohten, sowohl Polizisten als auch unbeteiligte Autofahrer anzuzünden.

2014 eskalierten hierzulande die Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Jesiden und nun gehen wieder Tausende Kurden und deren Sympathisanten auf die Straße. Wieder versucht man von kurdischer Seite her mit erpresserischem Gehabe, den „Westen“ in die Verantwortung zu nehmen: „Wir werden so lange protestieren, bis die westlichen Länder die Invasion in Rojava beenden“, verkündete eine Demonstrantin von der Ladefläche eines Protest-LKWs kürzlich auf einer Kundgebung in Berlin. „Stoppt Völkermord“, hieß es auf Plakaten, die Seite an Seite mit YPJ-Banner, dem Frauenkampfverband der Kurdenmiliz YPG, und PKK-Flaggen hochgehalten wurden.

Nach den Länderspielen gegen Albanien und Frankreich salutierten türkische Nationalspieler auf dem Spielfeld als Zeichen der Unterstützung der türkischen Truppen in der Syrien-Offensive. Diese Geste der Solidarität zeigten auch die Bundesligaprofis Kaan Ayhan und Kenan Karaman von Fortuna Düsseldorf. Weitere Spieler in Amateurvereinen taten es ihnen gleich und auch die Nationalspieler Ilkay Gündogan und Emre Can stellten sich mit zweifelhaften Sympathiebekundungen in den sozialen Medien ins Abseits.

Loyalitätskonflikte bei Doppelstaatsbürgern

Deutschland wird zunehmend zum Schauplatz verfeindeter ethnischer Gruppen. Die Ausschreitungen zwischen Kurden und Türken sind erst der Anfang. Denn die Militäroffensive in Nordsyrien trifft ja nicht nur die dort lebenden Kurden, die Invasion ist ein kriegerischer Akt gegen Syrien. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sich Syrer in diesem Konflikt zu Wort melden. Selbst wenn deren Staatstreue nicht große ist und nicht alle dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad ihre Treue ausgesprochen haben, könnte die Stimmung kippen, sobald die eigene Familie von den kriegerischen Auseinandersetzungen betroffen ist.

Auch nach Jahren der Integration, ja selbst wenn die syrischen Migranten die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen, bleibt eine gewisse Spannung. Denn der syrische Staat entläßt seine Bürger nicht aus der Staatsbürgerschaft. Würde ein hierzulande eingebürgerter syrischer Mann in Syrien Urlaub machen, könnte er dort zum Militärdienst eingezogen werden.

Da in Syrien das Abstammungsprinzip gilt, vererbt selbst ein eingebürgerter Syrer die Staatsbürgerschaft an seine Kinder. Die Anzahl Deutscher mit syrischem Paß wird sich so im Laufe der Zeit immer weiter vergrößern. Interessanter Fakt ist, daß selbst nach Generationen die männlichen Mitglieder der Familie ihren 24monatigen Wehrdienst in Syrien ableisten müßten. Das Szenario eines Krieges zwischen Syrien und dem Nato-Mitglied Türkei mit eingebürgerten syrischstämmigen Soldaten könnte noch sehr spannend werden.

Die Bundesregierung scheint dies alles nicht zu stören. Laut Presse- und Informationsamt heißt es: „Wenn Sie aus einem Land kommen, das seinen Bürgern regelmäßig die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit verweigert, nehmen die deutschen Behörden Mehrstaatlichkeit hin“. Diese Regelung betrifft etwa 40 Länder, darunter auch Afghanistan, Iran, Marokko, Algerien, Eritrea oder Nigeria. Für Deutschland könnte das noch zu einem großen Problem werden.

 

Kurden protestieren in Köln gegen die türkische Militäroffensive in Syrien Foto: picture alliance/Fabian Strauch/dpa
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