Eines der tragischsten Ereignisse der jüngeren Tiroler Geschichte ereignete sich vor 55 Jahren. Am 7. September 1964 bezahlte der Südtirolaktivist Luis Amplatz den Einsatz für seine Heimat mit dem Leben.
Nachdem Österreich und Italien, 1960 von der UNO beauftragt, ergebnislos über die Situation der Tiroler südlich des Brenners verhandelten, begann 1961 die Untergrundorganisation „Befreiungsausschuß Südtirol“ (BAS) mit Sprengstoffanschlägen auf Hochspannungsmasten und faschistische Denkmäler.
Menschenleben sollten explizit geschont werden, um die Weltöffentlichkeit auf die brenzlige Lage des Deutschtums in Südtirol und auf die Unterdrückung der deutschsprachigen Bevölkerung aufmerksam zu machen.
Italien scheiterte mehrfach bei Festnahmeversuchen
Zu den bekanntesten BAS-Aktivisten zählen zu dieser Zeit der Südtiroler Obstbauer Luis Amplatz sowie der Schmied Jörg Klotz aus dem Passeiertal. Nicht zuletzt aufgrund von Fernseh- und Zeitungsinterviews mit großer Breitenwirkung sind die beiden den italienischen Behörden ein Dorn im Auge.
Für eine medienwirksame „Vermarktung“ des BAS sowie für logistische Unterstützung, bieten sich alsbald die beiden Journalisten Franz und Christian Kerbler den Freiheitskämpfern an und gewinnen deren Vertrauen. Zeitgleich liefern die beiden Brüder allerdings über Monate hinweg Informationen über die Untergrundorganisation an den italienischen Nachrichtendienst SIFAR.
Als im September 1964 Amplatz und Klotz zu erneuten Aktionen aus dem österreichischen Exil nach Südtirol über die Grenze gehen, werden sie diesmal von Franz und Christian Kerbler begleitet. Trotz mehrerer Versuche gelang es den italienischen Sicherheitskräften über Jahre hinweg nicht, der beiden BAS-Aktivisten habhaft zu werden.
Da sein Bruder unter merkwürdigen Umständen am Tag zuvor verhaftet wurde, begibt sich Christian Kerbler am 5. September unter dem Vorwand, sich nach ihm erkundigen zu wollen ins Tal, während Klotz und Amplatz im sicheren Versteck in den Bergen des Passeiertals zurück bleiben. Nun sollte die Falle zuschnappen.
Im Tal angekommen wird Christian Kerbler in der Quästur (Polizeipräsidium) Bozen die Dienstpistole eines Carabinieris ausgehändigt um die beiden Südtirol-Aktivisten, welche Italien in den Jahren zuvor so oft in Atem gehalten hatten, auszuschalten. Nach seiner Rückkehr zu den beiden Südtirolern eröffnet Kerbler in einer Heuhütte auf der Brunner-Mahder-Alm in der Nacht zum 7. September 1964 das Feuer auf die beiden Schlafenden und flieht.
Während Jörg Klotz schwer verletzt innerhalb von 42 Stunden zu Fuß nach Österreich entkommen kann, wird Luis Amplatz tödlich getroffen. 20.000 Südtiroler folgen Amplatz‘ Sarg bei seinem Begräbnis auf dem Friedhof Bozen-Oberau wenige Tage später. Dem Geheimdienstspitzel Christian Kerbler gelingt unter dubiosen Umständen die Ausreise in die Schweiz, er wird zuletzt in London verortet. Dort wurde er 1976 bei einem Ladendiebstahl verhaftet.
In Abwesenheit des Mordes verurteilt – aber nie gefaßt
Obwohl er 1971 in Perugia in Abwesenheit zu 22 Jahren Gefängnis wegen des Mordes an Amplatz verurteilt wurde, verzichtete Italien auf einen Auslieferungsantrag für Kerbler und auf eine genaue Begründung des Tatmotivs. Ein Untersuchungsverfahren Anfang der 1990er Jahre, in welchem es dem Bozener Staatsanwalt Cuno Tarfusser, heute noch Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, gelang, den Mord im Auftrag des Staates nachzuweisen, wird durch den italienischen Untersuchungsrichter ebenso eingestellt.
Am vergangenen Wochenende gedachten der Südtiroler Heimatbund und die Schützenkompanie St. Martin gemeinsam mit der ehemaligen Südtiroler Landtagsabgeordneten Eva Klotz sowie dem Altlandeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes Elmar Thaler dem Südtiroler Freiheitskämpfer Luis Amplatz.
Sein Lebensmotto war: „Freund, der du die Sonne noch schaust, grüß mir die Heimat, die ich mehr als mein Leben geliebt.“
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