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„Spiegel“-Skandal um Claas Relotius: Geliefert wie gewünscht

„Spiegel“-Skandal um Claas Relotius: Geliefert wie gewünscht

„Spiegel“-Skandal um Claas Relotius: Geliefert wie gewünscht

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„Spiegel“-Cover; Claas Relotius Fotos (4): „Spiegel“ / picture alliance / Arco Images GmbH / dpa / JF-Montage
„Spiegel“-Skandal um Claas Relotius
 

Geliefert wie gewünscht

Der deutsche Mainstream-Journalismus steckt nicht erst seit dem Spiegel-Skandal in einer tiefen Krise. Die Trennung von Nachricht und Meinung war gestern. Claas Relotius lieferte den gewünschten Lesestoff über Flüchtlinge, über Tump, exzellent formuliert und moralisch aufgeladen, für den linksliberalen Mainstream. Der hat seine Texte aufgesogen und ihn gefeiert. Ein Kommentar von Jörg Kürschner.
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Cato, Palmer, Exklusiv

Der deutsche Mainstream-Journalismus steckt nicht erst seit dem Spiegel-Skandal in einer tiefen Krise. Bei den jahrelangen Fälschungen des „Kollegen“ Claas Relotius ging es meist um Reportagen über Flüchtlinge, um deren Schicksal in ihrer Heimat und ihr Leben in Deutschland.

Und die Flüchtlingspolitik des US-Präsidenten Donald Trump stand am Pranger. Relotius lieferte den gewünschten Lesestoff, exzellent formuliert, moralisch aufgeladen und scheinbar sorgfältig recherchiert, für den linksliberalen Mainstream. Der hat seine Texte aufgesogen, ihn gefeiert und die „Edelfeder“ mit den längst inflationär und damit belanglos gewordenen Journalistenpreisen überhäuft.

Alles paßte so schön ins politische Weltbild. Der redliche Flüchtling, geschunden in seiner Heimat, angekommen in einer fremdenfeindlichen Welt, deren Alltag bestimmt wird von Rassisten und Rechtspopulisten. Und weil bekanntlich die Demokratie auf dem Spiel steht, in Deutschland, in den USA sowieso, propagieren Spiegel & Co seit einiger Zeit eine neue Form des Journalismus, den sogenannten Haltungsjournalismus.

Selbstreferentielle Journalistenblase

Die Trennung von Nachricht und Meinung war gestern, in Zeiten von AfD und rechten Hetzern solle das Grundverständnis von gutem Journalismus überdacht werden, heißt es. „Neutral berichten, geht das noch“, fragen etwa die „Neuen deutschen Medienmacher“, eine obskure Journalistenvereinigung, die sich auf die Willkommenskultur beruft und vom Bundeskanzleramt in diesem Jahr mit rund einer halben Million Euro unterstützt wird.

Ein weiterer Skandal. Diese staatliche Einflußnahme auf die „vierte Gewalt“ überrascht nicht, hat doch die Bundesregierung gerade erst dem UN-Migrationspakt zugestimmt. Darin wird Journalisten eine positive Sicht der Einwanderung nahegelegt, Kritikern hingegen verbal die rote Karte gezeigt. „Betreute Berichterstattung“ ist der Weg, die Einheitsmeinung das Ziel.

In diesem klebrigen Umfeld von manipulativer Informationsvermittlung und selbstreferentieller Journalistenblase sind die Fälschungen des Relotius erst möglich geworden. Er selbst hat den Druck eingeräumt, unter dem er gestanden hat.

Betrogen ist der Leser

Die Spiegel-Chefredaktion hat der Skandal hart getroffen, dessen Ausmaß noch nicht bekannt ist. Die Glaubwürdigkeit des Nachrichtenmagazins ist angekratzt. Wer nun gehofft hatte, die Redaktionsspitze würde sich selbstkritisch rückbesinnen auf die bewährten Grundsätze des objektiven Journalismus, wird enttäuscht. Larmoyant, voller Selbstmitleid beklagt sie den „stechenden Schmerz“, des Skandals, der sich anfühle „wie ein Trauerfall in der Familie“.

Trotz aller Wut über den Fälscher gilt für die betrogenen Blattmacher: „Er hat auch unser Mitgefühl.“ Da inszeniert sich die Chefredaktion eines Leitmediums als Opfer eines Betrugs. Betrogen ist aber der Leser, was in den Hintergrund treten soll. Ein Ablenkungsmanöver. Eine Strategie, die in Zeiten von Fake-News scheitern wird. Sicher, jeder, auch ein Medium, kann von Betrügern geschädigt werden.

Und die Zahl der journalistischen Gentlemen ist in den vergangenen Jahrzehnten jedenfalls nicht gestiegen. Häme ist unangebracht. Und festzuhalten bleibt, daß der Spiegel mitunter auch gegen den Strich bürstet, die journalistischen Fesseln der Politischen Korrektheit abstreift. Es kommt aber darauf an, wie das Magazin mit dem Skandal umgeht. Selbstmitleid und Opferrolle sind peinlich, Rückbesinnung auf den traditionellen Journalismus wären dagegen gefragt.

„Spiegel“-Cover; Claas Relotius Fotos (4): „Spiegel“ / picture alliance / Arco Images GmbH / dpa / JF-Montage
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