BERLIN. Die Zahl der ausreisepflichtigen Asylbewerber in Berlin hat sich weiter erhöht, während die Zahl der Abschiebungen gesunken ist. Zum 31. März waren rund 11.417 Personen vollziehbar ausreisepflichtig, die jedoch nicht abgeschoben wurden. Zum 31. August waren es 11.426, wie aus einer parlamentarischen Anfrage des Berliner FDP-Abgeordneten Marcel Luthe hervorgeht, die dem Tagesspiegel vorliegt.
Von Anfang Januar bis Ende Juni wurden 1.184 Ausreisepflichtige abgeschoben, im Juli 32 und im August 150. Die Innenverwaltung wies den Vorwurf zurück, daß Abschiebungen am politischen Willen scheiterten. „Der Vorwurf, es mangele an Willen, ist absolut haltlos und vollkommen unangebracht“, teilte ein Sprecher mit. „Wer diesen in dieser pauschalen Form äußert, bedient das Geschäft der Populisten.“
Der CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger meinte gegenüber dem Blatt, das Gegenteil sei der Fall. „Wer nicht abschiebt, bedient die Populisten.“ Der Senat habe im Koalitionsvertrag angekündigt, Abschiebungen zu vermeiden, weswegen der Mangel an politischem Willen auf der Hand liege.
Richter nennt Verhalten rechtsstaatswidrig
Laut der Innenverwaltung verzögerten vor allem eine ärztlich bescheinigte Reiseunfähigkeit, das Fehlen eines Passes, die fehlende Rücknahmebereitschaft des Heimatlandes oder die nichtaufgeklärte Identität eine Abschiebung.
Ein Richter des Verwaltungsgerichts nannte das Handeln des Senats im Kern verfassungswidrig. „Wir entscheiden das bis zur Rechtskraft durch, und dann wird es nicht vollzogen.“ Ähnlich äußerte sich der AfD-Innenpolitiker Karsten Woldeit. „Indem man so handelt, höhlt man den Rechtsstaat aus, denn man handelt nicht nach Recht und Gesetz, und den Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, tut man damit auch keinen Gefallen, denn sie haben hier keine Perspektive.“ (ls)