KÖLN. Die Kölner Polizei hat die Vorwürfe gegen ihren Silvestereinsatz zurückgewiesen. Die Überprüfung von Hunderten Männern aus nordafrikanischen Ländern sei geschehen, weil sich „fahndungsrelevante Personen“ unter diesen befunden hätten, sagte Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies bei einer Pressekonferenz am Neujahrstag.
Zahlreiche solcher Gruppen hätten sich an Silvester ins Rheinland aufgemacht. Die größte Gruppe habe sich auf etwa 2.000 Personen belaufen. Mindestens 1.000 Personen seien in Köln angekommen. Von diesen habe die Polizei 650 überprüft, weil eine Grundaggressivität von ihnen ausgegangen sei. 98 Prozent der Kontrollierten stammten laut Polizei aus Nordafrika.
Diskussion um Begriff „Nafris“
„Ich will eins betonen, weil es unter anderem in den sozialen Netzwerk kritische Stimmen zum sogenannten ‘racial profiling’ gab“, sagte Mathies nach einem Bericht von Spiegel Online. „Ich weise die negative Kritik, die damit verbunden ist, zurück. Es geht hier darum, konsequent zu verhindern, daß es noch mal zu vergleichbaren Ereignissen kommt wie im letzten Jahr.“
Für Kritik hatte zudem eine Mitteilung der Kölner Polizei auf Twitter gesorgt, weil darin der Begriff „Nafris“ verwendet wurde. Bei diesem handelt es sich um eine polizeiinterne Bezeichnung für Nordafrikaner, da diese Gruppe durch hohe Kriminalität auffällt. In offiziellen Polizeimeldungen würde der Begriff nicht verwendet, sagte ein Polizeisprecher. Auf Twitter habe man so aber Zeichen sparen können. Der Kurzmitteilungsdienst hat eine 140-Zeichen-Begrenzung pro Tweet.
#PolizeiNRW #Silvester2016 #SicherInKöln: Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen. https://t.co/VYMQuT6B7u pic.twitter.com/cCVVdRwr9D
— Polizei NRW K (@polizei_nrw_k) 31. Dezember 2016
Polizeipräsident Mathies zeigte sich am Montag selbstkritisch. „Den Begriff finde ich sehr unglücklich verwendet hier in der Situation“, sagte er dem WDR. „Das bedauere ich außerordentlich.“
Kritik von Grünen-Chefin Peter
Zuvor hatte es erhebliche Kritik am Polizeieinsatz in Köln gegeben. So verurteilte beispielsweise Grünen-Chefin Simone Peter die Verwendung „herabwürdigender Gruppenbezeichnungen“ wie Nafri als „völlig inakzeptabel“. Auch die Personenkontrollen bewertete sie kritisch. Zwar habe die Polizei die „Gewalt und Übergriffe in der vergangenen Silvesternacht deutlich begrenzt“, sagte die Grünen-Chefin der Rheinischen Post.
Es stelle sich aber die Frage „nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit, wenn insgesamt knapp 1.000 Personen alleine aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt wurden“.
Polizeigewerkschaft verteidigt Begriff „Nafri“
Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, verteidigte den Einsatz. „Wenn die Polizei nicht so proaktiv eingeschritten wäre, hätte es eine Wiederholung der Silvesterübergriffe aus dem Vorjahr gegeben. Die kontrollierten Gruppen hatten es durchaus darauf abgesehen“, sagte Wendt der JUNGEN FREIHEIT. An dem Einsatz gebe es rein gar nichts auszusetzen und die Kölner Bevölkerung sei den Polizisten dankbar, daß sie so ungestört und sicher Silvester feiern konnte.
Die Kritik am Begriff „Nafri“ von Grünen-Chefin Peter wies Wendt zurück. Peters Äußerungen seien unqualifiziert. „Das ist eine Abkürzung, die wir im Einsatz benutzen, beispielsweise bei Funksprüchen oder wenn sich die Beamten etwas zurufen. Das braucht man nicht zu dramatisieren. Das ist eben der Unterschied zwischen einem sprachwissenschaftlichen Grünen-Seminar und einem Polizeieinsatz.“ Er werde sich den Begriff „Nafri“ nicht von Grünen-Politikern verbieten lassen und diesen auch in Zukunft verwenden, betonte Wendt.
Linke: Diskriminierung
Bei den Kontrollen der Nordafrikaner habe es sich zudem nicht um sogenanntes „racial profiling“ gehandelt, erläuterte der Polizeigewerkschaftler. „Die Personen wurden nicht ausschließlich aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert, sondern auch wegen ihres Verhaltens. Um das korrekt zu beurteilen hat die Polizei dabei ihre gesamten Erfahrungswerte aus früheren Einsätzen genutzt.“
Die Vorsitzende der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen, Özlem Alev Demirel, dagegen warf der Polizei Diskriminierung vor: „Es wäre Aufgabe des Innenministers und der Polizei gewesen, ein Sicherheitskonzept zu entwickeln, das Menschen nicht aufgrund ihrer Haar- und Hautfarbe diskriminiert“, teilte die Partei mit.
„Racial profiling ist diskriminierend, es verletzt den Gleichbehandlungsgrundsatz. Daß die Kölner Polizeiführung dieses rechtlich fragwürdige Vorgehen dann auch noch in sozialen Netzwerken verbreitet, um Härte gegen vermeintliche Täter zu demonstrieren, ist nicht hinnehmbar“, unterstrich der innenpolitische Sprecher der Linkspartei, Jasper Prigge. (krk)