BERLIN. Nach der jüngsten Großdemonstration gegen Islamisierung von „Pegida“ in Dresden hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ein Bündnis aller Parteien gegen die Initiatoren der Proteste gefordert. „Auch im politischen Meinungskampf gibt es Grenzen. Alle politischen Parteien sollten sich klar von diesen Protesten distanzieren“, sagte Maas Spiegel Online.
„Wenn auf dem Rücken von Menschen, die gerade alles verloren haben und hilfesuchend zu uns kommen, ausländerfeindliche Stimmung gemacht wird, dürfen wir nicht schweigen“, ergänzte der Justizminister. Die Demonstrationen gegen Islamisierung zeichneten ein verzerrtes Bild über die Stimmung im Land. Daher müsse man klarmachen, daß die Teilnehmer an den Protesten nicht in der Mehrheit seien. Schließlich beteiligten sich viele Menschen in Deutschland an Hilfsaktionen für Flüchtlinge.
Scharfe Kritik von de Maizière an „Pegida“
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière kritisierte die Demonstrationen von „Pegida“ („Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) scharf: Die Bezeichnung „Patriotische Europäer“ sei zunächst einmal „eine Unverschämtheit“, empörte sich der CDU-Politiker im Fernsehsender Phoenix.
„Da brauchen wir keinen Nachhilfeunterricht. Und die führenden Vertreter zeichnen sich nicht gerade durch Patriotismus und Rechtstreue aus.“ Er habe zwar Verständnis für die Sorgen der Bürger durch die steigenden Asylzahlen. „Aber diejenigen, die die Demonstrationen veranstalten, sind die allerschlechtesten Ratgeber für diejenigen, die diese Sorgen formulieren.“
Hintergrund sind die seit Wochen jeden Montag in Dresden stattfindenden „Pegida“-Demonstrationen. Dem jüngsten Aufruf des Bündnisses waren am Montag abend mehr als 10.000 Menschen gefolgt. Und das, obwohl Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) zuvor dazu aufgerufen hatte, sich an den Protesten gegen „Pegida“ zu beteiligen, um für eine „Kultur des Miteinanders“ einzustehen.
Uneinigkeit in der AfD
Sachsens AfD-Chefin Frauke Petry hatte Tillich daraufhin kritisiert und ihm vorgeworfen, dazu aufzurufen, „eine friedliche Großdemonstration zu bekämpfen“. Es seien nicht nur Dresdner, sondern zunehmend auch Bürger anderer deutscher Großstädte, die auf die Straße gingen und Lösungen für die sich zuspitzende Asylproblematik in Deutschland forderten, sagte Petry, die auch Bundesprecherin der AfD ist, der JUNGEN FREIHEIT.
Unterstützung erhielt sie dabei von AfD-Bundessprecher Konrad Adam. Gegenüber dem Nachrichtensender n-tv erläuterte Adam, er habe Verständnis für die Anliegen der „Pegida“-Demonstrationen. „Die kulturell-historische Dimension ist mir wichtig. Ich bin ein Liebhaber der europäischen Kultur und schätze besonders die Literatur. Ich bin stolz drauf, was für einen Beitrag Europa zur Menschen- und Grundrechtsdebatte geleistet hat. Dieses Erbe möchte ich verteidigen“, sagte Adam. Er wolle deswegen auch mit den Verantwortlichen von „Pegida“ ins Gespräch kommen.
AfD-Vize Hans-Olaf Henkel riet den Mitgliedern seiner Partei statt dessen davon ab, an den Demonstrationen teilzunehmen. „Ich hielte ich es für einen Fehler, wenn sich die AfD als Partei diesen Demonstrationen anschließen würde“, warnte Henkel im Tagesspiegel. Es sei nicht auszuschließen, daß die „Pegida“-Proteste einen „ausländerfeindlichen oder gar rassistischen Beigeschmack bekommen“ könnten.
Besser sei es, „sich individuell zu engagieren, indem man zum Beispiel Amnesty International beitritt oder in seiner Nachbarschaft bei entsprechenden islamischen Familien für Aufklärung sorgt“.
Lucke findet „Pegida“-Demonstrationen „gut“
Am Dienstag abend meldete sich auch AfD-Sprecher Bernd Lucke ind er Frage zu Wort: „Ich finde die Demonstrationen der Protestbewegung ‘Pegida’ gut“, schrieb Lucke auf seiner Facebook-Seite. Sie zeigten, daß sich diese Menschen in ihren Sorgen von den Politikern nicht verstanden fühlten. „Die Sorgen über eine Ausbreitung von radikalem islamistischen Gedankengut sind berechtigt.
Ich warne jedoch davor, aus dem Kampf gegen eine frauenfeindliche, gewaltbetonte politische Ideologie eine ablehnende Haltung gegenüber dem Islam als Religion abzuleiten.“ Auch Religionsfreiheit und Toleranz seien abendländische Werte. Die „Pegida“-Bewegung dürfe keinen Zweifel daran lassen, daß sie mit der Verteidigung des Abendlandes die Verteidigung genau dieser Werte anstrebe. (krk)