Propheten des Währungsuntergangs haben Konjunktur – frei nach dem Motto „Angst verkauft sich immer“, um Bitcoins, Goldzertifikate oder südafrikanische Bergwerksanteile an den erschreckten Mann zu bringen. Diesmal aber kann es mit dem Sturz der Regierung von François Bayrou, die vergeblich versuchte mit Einsparungen von 43,8 Milliarden Euro und zwei abgeschafften Feiertagen die Neuverschuldung von 6,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einzudämmen, ernst werden.
Frankreich ist nicht das Griechenland von 2010 mit zwei Prozent des EU-BIP, sondern als zweitgrößte Wirtschaft zusammen mit dem seit 2019 stagnierenden Deutschland die Herzkammer des Euro-Systems. Die französischen Staatsschulden haben sich seit 2010 auf 3,4 Billionen Euro verdoppelt. Allein als Zinsdienst wären bei einer aktuellen Risikorendite von 3,5 Prozent alljährlich über 100 Milliarden Euro fällig. Wegen der Altemissionen sind es derzeit erst 66 Milliarden Euro – natürlich ohne Tilgung. Woher auch bei den dauernden exzessiven Neuverschuldungen, die seit dem letzten ausgeglichenen Haushalt im Jahr 1974 stündlich um zwölf Millionen Euro gewachsen sind.
Frankreich ist nicht das schlimmste Euro-Schuldenland
Bei der erwartbaren Abstufung der Kreditwürdigkeit Frankreichs von „AA“ auf „A+“ dürfte sich der Risikoaufschlag um ein Prozent erhöhen. Das macht wiederum in Summe 30 Milliarden jährlich an neuen Zinskosten für Neuemissionen und umgewälzte Altschulden aus. Französische Finanzinstitute wie BNP Paribas und Société Générale erleiden dank der verlorenen Werthaltigkeit ihrer Bestände an Staatsleihen Kursstürze.

Dabei ist Frankreich bei weitem nicht der schlimmste Sünder im Euro-Schuldenland. Griechenland liegt trotz Besserung weiter mit 153,6 Prozent des BIP an der Spitze, gefolgt von Italien, der drittgrößten EU-Wirtschaft, mit 135,3 Prozent. Auf Platz drei liegt Frankreich mit 116,3 Prozent; es folgen Belgien (104,7 Prozent), Spanien (101,8 Prozent) und Portugal (94,9 Prozent). Selbst Österreich liegt inzwischen mit 81,8 Prozent über dem EU-Schnitt von 81 Prozent (2024), während auch Deutschland mit 62,5 Prozent – noch ohne die beschlossene Megaverschuldung von Friedrich Merz – über der zulässigen Maastricht-Grenze von 60 Prozent liegt.
Japan könnte einen Schuldenschnitt besser verkraften als die USA
Allerdings: Die US-Staatsschulden, die Donald Trump jetzt refinanzieren muß, obwohl er alle internationalen Gläubiger gründlich vor den Kopf gestoßen hat, beliefen sich im August auf 37,2 Billionen Dollar, die etwa 124 Prozent des BIP entsprechen. Gleichzeitig bemüht sich der US-Präsident, den Dollar nach Kräften abzuwerten, um die US-Exporte zu beflügeln. Japans öffentliche Schulden entsprechen gar dem Weltrekord von 216 Prozent seines BIP, die jedoch zu 90 Prozent von inländischen Gläubigern, der Bank von Japan, Versicherungen und Pensionsfonds gehalten werden. Ein Schuldenschnitt könnte weitgehend also inländisch „bewältigt“ werden. Bei den USA kommen allerdings noch Privatschulden in Höhe von 140 Prozent des BIP hinzu.
Die Weltfinanzkrise von 2008/09 wurde von „Subprime“-Papieren für US-Immobilien ausgelöst. Daraus erwuchsen in der Folge auch internationale Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des griechischen Staates mit seinen getürkten Staatsfinanzzahlen, plus den spanischen Privatschulden für leere Immobilienobjekte und irische spekulative Bankschulden. Voilà, so entstand die letztlich von den USA verursachte Eurokrise ab 2010 mit der teuren „Griechenland-Rettung“ durch Angela Merkel & Co.
Nullzinsen eskalieren die Entwicklungen
Die sich anbahnende aktuelle Finanzkrise hat zwei dramatischere Ursachen. Einmal die Null-Zinspolitik und EU-rechtswidrigen Anleihekäufe der EZB unter Mario Draghi (2011–2019), die zunächst von seiner Nachfolgerin Christine Lagarde bis zum Inflationsschub von zehn Prozent plus im Jahr 2022 fortgesetzt wurden. Dies hatte die Eurozone mit inflationstreibender Liquidität zugunsten der mediterranen Schuldnerländer geflutet – im völligen Widerspruch zum Euro-Vertragsziel von Maastricht: Geldwertstabilität und sonst nichts.
Ein fataler Nebeneffekt kam hinzu: Dank der Geldflut sank der Reformdruck im dortigen ineffizienten öffentlichen Sektor und die Neigung, Steuern für kaum sichtbare staatliche Leistungen zu zahlen, weiter gegen Null. Zweite Sünde war die Corona-Politik: die Bevölkerung, den Volkszorn und die Wirtschaft mit Geldgeschenken aller Art für die verordneten Repressionen und drohende Konkurse bei Laune und über Wasser zu halten.
Emmanuel Macron ließ aus Angst vor der Wiederauflage der Gelbwesten-Rebellion die Strom- und Gastarife mit Steuergeld heruntersubventionieren. Bei Lieferkettenproblemen und Autozulieferern gab es Milliardenzahlungen, dazu Umsatzsteuerbefreiungen aller Art, 500 Euro für jeden Jobsucher und 100 Euro Inflationsausgleich für jedermann. In Italien wurden dank des EU-Corona-Wiederaufbaufonds von 2021 Millionärsvillen gratis energiesaniert und wie in Spanien die Energiepreise auf Steuerkosten eingefroren. In Österreich spendierte die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler für jedermann (einschließlich Häftlingen und Asylanten) einen „Klimabonus“ und verbilligte ÖPNV-Tickets. Das Geld kam aus dem EZB-Drucker und schien bei Nullzinsen kostenlos.
Ein toxisches Gebräu des Faustrechtes des Stärkeren
Nun gelingt es kaum mehr, das Füllhorn der Wohltaten wieder einzufangen und die schmerzlichen Korrekturen der unfinanzierbaren Sozialsysteme zu unternehmen. Die aktuellen Defizite liegen bei Belgien und Rumänien über zehn Prozent des BIP, bei Italien weiter über 8,5 Prozent des BIP – die Maastricht-Defizitgrenze liegt jedoch bei drei Prozent. Führungslos treiben sowohl Frankreich wie die Rest-EU einem toxischen internationalen Unwetter zu: Die eigene Industrie-, Technologie- und Finanzbasis ist mutwillig politisch schwer angeschlagen und die demographische Bilanz, ethnische Mischung, Ausbildung und Arbeitsmoral des Nachwuchses ruinös.
Dazu kommen Trumps Zollkrieg und der faktische Zusammenbruch des internationalen Freihandelssystems. China, die USA, Indien oder Rußland scheren sich um keinerlei Regeln und Abkommen mehr. Es gibt ein Faustrechtes des Stärkeren, das fatal an den Vorlauf der Weltwirtschaftskrise von 1929 erinnert. Die Folgen sind bekannt. Und dies mit einer EU, die in Schönwetterzeiten ihr Pulver schon verschossen hat und international keinerlei Glaubwürdigkeit mehr besitzt. Derweil steigt der Goldpreis auf 3.100 Euro.