BERLIN. Deutschland will den Ausstieg aus Kernkraft und Kohle mit der Windkraft kompensieren. Dafür sind riesige Offshore-Parks in der deutschen Nord- und Ostsee geplant. 70.000 Megawatt Strom sollen dort erzeugt werden.
Dafür ist die Bundesregierung auf die Zusammenarbeit mit den Stromkonzernen angewiesen. Doch die Explosion bei den Material- und Infrastrukturkosten könnte diesen Plan zunichtemachen. Vattenfall stoppt nun den Bau des britischen Offshore-Windparks Norfolk Boreas.
Inflation macht Windpark-Bau unrentabel
Grund seien die immensen Kostensteigerungen. Zum vereinbarten Festpreis für die erzeugte Energie rechne sich das Projekt nicht mehr. Inzwischen gilt es als ausgeschlossen, daß die Energieriesen die immensen Baukosten durch den Stromverkauf überhaupt wieder hereinholen.
Dasselbe Szenario könnte nun auch Deutschland und seiner Energiewende drohen. Allerdings vor dem dramatischen Hintergrund, daß alle Atomkraftwerke abgeschaltet sind und der Kohleausstieg bevorsteht. Hinzu kommt die Umstellung von Mobilität und Heizen auf Strom. Der riesige Bedarf könnte nicht annähernd gedeckt werden, wenn auch deutsche Windparks über die Planungsphase nicht hinauskommen.
Lieber Vertragsstrafe zahlen als Windpark bauen
Inzwischen haben sich die Kosten für die Konzerne verdreifacht. Pro erzeugtem Megawatt kostet ein Windrad im Meer nun drei Millionen Euro. Die Welt analysierte zu den Unternehmen, die deutschen Offshore-Parks bauen sollen: „Falls BP und Total eines Tages entscheiden, lieber eine Vertragsstrafe zu zahlen, als zu bauen, wird das keinen Insider wundern.“
Die beiden Öl-Unternehmen hatten 12,6 Milliarden Euro nur für die Genehmigung bezahlt, die Windparks im Meer bauen zu dürfen. Geplant ist eine Leistung von 7.000 Megawatt – ein wichtiges Puzzleteil der Energiewende.
Energiewende steht auf der Kippe
Rechnet man die insgesamt von der Bundesregierung angestrebten 70.000 Megawatt auf die Baukosten von jeweils drei Millionen für eine Einheit ergibt sich eine Summe von 210 Milliarden Euro. Dies werden die Unternehmen wahrscheinlich nicht stemmen können.
Hintergrund: Die Stahlpreise haben sich zuletzt um 80 Prozent verteuert. Auch die Spezialschiffe, die Windräder auf dem Meeresgrund installieren, kosten jetzt 60 Prozent mehr als noch vor drei Jahren. Hinzu kommen die Zinssteigerungen, die das Geld für die milliardenschweren Investitionen immer teurer machen. Kommen die Offshore-Windparks nicht, ist die Energiewende größtenteils gescheitert.
Fraglich ist dann, wie Elektroautos und Wärmepumpen angetrieben werden sollen. Vor allem dürfte der knapp werdende Strom immer teurer werden. (fh)