BERLIN. Die im Bundeskabinett kürzlich beschlossene Gasumlage stößt auf Kritik aus Politik und Wirtschaft. Ab Herbst wird die Gasumlage zu erheblichen Preissteigerungen für Gaskunden führen, soll damit aber Insolvenzen von Gashändlern sowie negative Dominoeffekte auf Lieferketten und Energiewirtschaft abfedern.
Der Vize-Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn (CDU), beurteilte den Beschluß als „nicht fair“. Zudem leide die neue Verordnung unter vielen „handwerklichen Fehlern“. Darunter der Umstand, daß der Staat über die Mehrwertsteuer an der Gasumlage mitverdiene. Wenn die Ampelkoalition nicht nachbessere, werde die Union im Parlament die Aufhebung der Regelung beantragen, kündigte der frühere Bundesgesundheitsminister an.
Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) warnte vor steigenden Lebenshaltungskosten für die Bürger. Sie wies auf großen Unmut in der Bevölkerung hin und erkenne in der aktuellen Berliner Energiepolitik keine langfristigen Lösungen.
Rechtliche Probleme für Gaskunden mit Langzeitverträgen
Auch Vertreter der Industrie sowie mehrere Energieverbände monierten die neue Verordnung. Für eine faire Lastenverteilung hätte die Bundesregierung auch die Energiewirtschaft stärker in die Pflicht nehmen müssen, bemängelte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Sie sprach sich für weitere Entlastungen wie eine Absenkung der Stromsteuer aus. Darüber hinaus brauche es „eine Härtefallregelung“, um existenzgefährdende Belastungen und Insolvenzen für Unternehmen auszuschließen oder zumindest abzufedern.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sowie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) forderten die Bundesregierung zu Nachbesserungen der Gasumlage auf. Hauptsächlich kritisierten sie, daß bei Gaskunden mit langfristigen Festverträgen die Preisanpassung rechtlich wohl nicht wie geplant zum Oktober durchgesetzt werden könne. Betroffen davon wären rund 25 Prozent der Haushaltskunden.
„Lieferausfälle in Gasversorgung verhindern“
Die Bundesregierung hatte die Gas-Sicherungsumlage am Donnerstag beschlossen, um die Wärme- und Energieversorgung in der kommenden Kälteperiode zu sichern. Ziel der Verordnung ist es laut Bundeswirtschaftsministerium, in der „durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelösten Energiekrise Insolvenzen und Lieferausfälle in der Gasversorgung zu verhindern und so die Versorgungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft aufrechtzuerhalten.“
Die zeitlich befristete Umlage strebe „zielgenaue Entlastungen“ für Bürger an und sei Teil eines Maßnahmepakets inklusive staatlicher Hilfsprogramme für die Wirtschaft. Die Rechtsverordnung wird voraussichtlich Mitte August 2022 in Kraft treten und ab ersten Oktober greifen. Die Gasumlage soll im April 2024 auslaufen. Wie hoch die finanzielle Zusatzbelastung für die Gasverbraucher am Ende sein wird, soll Mitte August bekanntgegeben werden. (ab)