Sozialpolitik vor der Schicksalsfrage Die Rürup-Kommission der Bundesregierung hat ihre Arbeit mit zwei Vorschlagsbündeln vorläufig abgeschlossen. Das erste empfiehlt als Sofortmaßnahme zur Senkung des Beitragssatzes höhere Zuzahlungen zu Arzneimitteln, bis zur vollständigen Bezahlung nichtverschreibungspflichtiger Medikamente, die Entrichtung von pauschalen Praxisgebühren für die meisten Arztbesuche und weitgehende Übernahme der Zahnersatzkosten seitens der Versicherten. Das zweite Ergebnisbündel stellt eine Alternative für die langfristige Sanierung der staatlichen Krankenversicherung vor. Zwei konkurrierende Modelle wurden in der Kommission diskutiert, keines fand eine überwältigende Zustimmung. Zum einen wird die Einführung einer Pro-Kopf-Pauschale für den Versicherungsbeitrag vorgeschlagen. Wer den Monatsbeitrag von etwa 200 Euro nicht zahlen kann, was insbesondere für kinderreiche Familien zutreffen könnte, soll Unterstützung aus Steuermitteln erhalten. Das Gegenmodell sieht die Beibehaltung der einkommensabhängigen Beiträge vor. Jedoch sollen künftig alle Einkommensarten herangezogen werden, also auch Einkommen aus Ersparnissen oder Mieteinnahmen. Zudem sollen nicht nur die unselbständig Beschäftigten, sondern auch die Freiberufler, Beamten und Unternehmer in die gesetzliche Krankenversicherung gepreßt werden. Beide Modelle stehen für zwei gegensätzliche Gesellschaftsformen, eine mehr freiheitlich-marktwirtschaftliche und eine entschieden sozialistische. Die Entscheidung, welcher Weg eingeschlagen wird, hat die Kommission zu Recht den politischen Instanzen übertragen, allerdings hätte sie die Tragweite stärker verdeutlichen können. Denn dies wird eine Schicksalsentscheidung.