NAUMBURG. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg hat Anklage gegen Taleb al-Abdulmohsen erhoben. Dem Attentäter des Magdeburger Weihnachtsmarktes werden sechsfacher Mord, 338facher versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung sowie ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vorgeworfen.
Der 50jährige Arzt aus Saudi-Arabien soll am 20. Dezember 2024 mit einem 340 PS starken BMW X3 gezielt in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast sein. Die Fahrt dauerte nach Angaben der Ermittler 64 Sekunden. Sechs Menschen, darunter fünf Frauen im Alter zwischen 45 und 75 Jahren sowie ein neunjähriger Junge, kamen ums Leben. 338 weitere Personen wurden verletzt oder geschädigt, 309 davon erlitten teils schwere Verletzungen.

Die Ermittler werfen al-Abdulmohsen vor, den Anschlag aus Frustration über gescheiterte Strafanzeigen und einen Zivilrechtsstreit begangen zu haben. Ziel sei es gewesen, möglichst viele Menschen zu töten. Hinweise auf Alkohol- oder Drogeneinfluß habe es nicht gegeben. Der Täter habe über Wochen hinweg detailliert geplant und ohne Helfer gehandelt.
Die Anklageschrift umfaßt 206 Seiten. Darin benennt die Staatsanwaltschaft 410 Zeugen, fünf Sachverständige, fast 500 Urkunden sowie 33 Beweisobjekte. Nach Auswertung zahlreicher Videoaufnahmen teilte sie den Anschlag in vier Tatkomplexe auf – vom Einbiegen in den Breiten Weg bis zur Hartstraße, wo er schließlich drei weitere Menschen tötete.
Magdeburg Attentäter belästigte Opfer noch aus Haft
Nach Informationen der JUNGEN FREIHEIT war al-Abdulmohsen den Sicherheitsbehörden seit Jahren bekannt. Ein internes BKA-Papier listete seit 2006 mehr als 100 Vorgänge auf, darunter Drohungen, Anzeigen und Kontakte zu Behörden in sieben Bundesländern sowie Warnungen ausländischer Geheimdienste. Dennoch wurde er 2016 als Flüchtling anerkannt.
Unterdessen berichteten Opfer der JF, daß der Angeklagte auch aus der Haft heraus weiter Briefe verschickt habe. Mehrere Überlebende erhielten Schreiben, in denen er wirre Ausführungen machte und Kontakt suchte. Die Staatsanwaltschaft erklärte dazu, daß ihm dies rechtlich nicht untersagt sei, möglicherweise habe er die Adressen aus seiner Ermittlungsakte erlangt.
Wann der Prozeß beginnt, ist noch unklar. Das Landgericht Magdeburg muß zunächst über die Zulassung der Anklage entscheiden. Ein Interimsgebäude für das Schwurgericht wird derzeit in Magdeburg errichtet und soll im September fertiggestellt werden. (sv)