KÖLN. Insgesamt sieben gesuchte Linksextremisten haben sich am Montag den Behörden gestellt. Die Tatverdächtigen meldeten sich unter anderem bei Polizeipräsidien in Hamm, Köln und Bremen sowie beim Amtsgericht Kiel. Die mutmaßlichen Gewalttäter sind zwischen 21 und 27 Jahre alt und kommen nun in Untersuchungshaft, wie mehrere Medien berichteten.
Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft und ungarischer Behörden stehen sie im Verdacht, im Februar 2023 an gewalttätigen Angriffen auf mutmaßliche Rechtsextremisten in Ungarn teilgenommen zu haben. In der Hauptstadt Budapest findet regelmäßig eine Veranstaltung namens „Tag der Ehre“ statt, bei der die Teilnehmer ungarischer Soldaten, SS-Mitglieder und Wehrmachtssoldaten gedenken, die 1945 aus der von der Roten Armee eingekesselten Stadt ausbrechen wollten.
Tatverdächtige wollen nicht nach Ungarn ausgeliefert werden
Vor der Veranstaltung vor knapp zwei Jahren wurden mehrere mutmaßliche Demonstrationsteilnehmer körperlich angegriffen und zum Teil schwer verletzt – Videos zeigen einige Taten. Die ungarischen und deutschen Behörden ermitteln seitdem deshalb wegen Gewaltdelikten und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung unter anderem gegen 13 Deutsche und zwei Italiener. Inzwischen hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen gegen die deutschen Tatverdächtigen übernommen, weil ein Zusammenhang mit der sogenannten Hammer-Bande um Lina E. vermutet wird.
Was macht Maja T. im Gefängnis in Ungarn. So als Mann war sie mit dem Hammer ja noch äußerst schlagkräftig und stramm in der ersten Reihe. pic.twitter.com/ehnq9I7j3b
— Die Gedanken sind frei (@nomojem) January 15, 2025
Die Verdächtigen waren mutmaßlich aus Sorge um eine Auslieferung nach Ungarn untergetaucht. Der Anwalt einer Beschuldigten, Lukas Bastisch, sagte dazu: „Ein faires Verfahren ist unter der rechtsautoritären Regierung in Ungarn nicht gewährleistet.“ Seine Mandantin habe dort mit einer „überlangen Haftstrafe von bis zu 24 Jahren“ zu rechnen, auch „menschenrechtliche Mindeststandards“ bezüglich der Haftbedingungen seien nicht gewährleistet. Seine Forderung: „Die Auslieferung darf durch die deutschen Behörden nicht bewilligt werden.“
Die Anwältin einer anderen mutmaßlichen Linksextremistin, die sich in Köln der Polizei stellte, Antonia von der Behrens, betonte ebenfalls, aus ihrer Sicht sei eine Auslieferung „grob rechtswidrig“. Sie werde alles dafür tun, daß ihre Mandantin „nicht an das rechtsautoritäre ungarische Regime“ überstellt werde.
Italienische Linksextremistin sitzt im EU-Parlament
Schon Anfang 2024 hatten die Tatverdächtigen über ihre Strafverteidiger und Medien kommuniziert, sich stellen zu wollen – gegen die Zusage, nicht nach Ungarn ausgeliefert zu werden. Die zuständigen Behörden erteilten laut NDR und WDR eine solche Zusage bisher nicht.
Im Juni vergangenen Jahres hatte die Polizei in Berlin den mutmaßlichen Gewalttäter Simeon T., der sich inzwischen Maja nennt, verhaftet. Anschließend hatte das Berliner Kammergericht die Auslieferung nach Ungarn erlaubt, die dann auch durchgeführt wurde. Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht das in einer Eilentscheidung vorläufig für rechtswidrig erklärt, jedoch war T. zu diesem Zeitpunkt schon in Ungarn und die dortige Regierung will ihn im Land behalten.
Dort drohen ihm bis zu 24 Jahre Haft. Sollte er ein umfassendes Geständnis ablegen, könnte die Strafe auf 14 Jahre reduziert werden, heißt es aus Budapest. Er klagt über Ungeziefer in den Zellen und teilweise verschimmeltes Essen.
Über ähnliche Zustände berichtete auch die Italienerin Ilaria Salis, die bei den vergangenen EU-Wahlen für das linksradikale Bündnis „Alleanza Verdi e Sinistra“ ins Parlament gewählt wurde. Aufgrund ihrer dadurch erlangten Immunität wurde sie von Ungarn freigelassen. (st)