BERLIN. Die süddeutschen Bischöfe Stefan Oster und Rudolf Voderholzer haben die Abgeordneten dazu aufgerufen, die Wahl der Potsdamer Jura-Professorin Frauke Brosius-Gersdorf ans Bundesverfassungsgericht zu verhindern. Sie wenden sich damit auch gegen CDU und CSU sowie Kanzler Friedrich Merz (CDU), die die linke Juristin am morgigen Freitag wählen wollen.
„Wer die Ansicht vertritt, daß der Embryo oder der Fötus im Mutterleib noch keine Würde und nur ein geringeres Lebensrecht habe als der Mensch nach der Geburt, vollzieht einen radikalen Angriff auf die Fundamente unserer Verfassung. Ihm oder ihr darf nicht die verbindliche Auslegung des Grundgesetzes anvertraut werden“, schreiben die Geistlichen auf der Seite des Bistums Regensburg.
Das Grundgesetz sei „maximal inklusiv“. Jedem Menschen werde unabhängig von seiner Lebenssituation Menschenwürde und das Recht auf Leben zugesprochen, so die Bischöfe: „Ausschlüsse davon kann und darf es unter keinen Umständen geben. Dies unbedingt zu garantieren, ist die Pflicht des Staates.“
Merz erschüttert mit seinem „Ja“ Christen
Mit den eindringlichen Sätzen: „Jede Relativierung von Art. 1 Grundgesetz muß ein Ausschlußkriterium für die Wahl zum Richter oder zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts sein. Es darf in Deutschland nie wieder Menschen zweiter Klasse geben“ schließen die Bischöfe ihre Erklärung ab.
Brosius-Gersdorf war in der vergangenen Wahlperiode Mitglied der Regierungskommission, die eine mögliche Liberalisierung der Abtreibungsregelung prüfen sollte. Sie hatte erklärt, daß die volle Garantie der Menschenwürde erst ab der Geburt gelte.
Als die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch bei der Fragestunde im Bundestag am Mittwoch von Kanzler Friedrich Merz (CDU) wissen wollte, ob dieser es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, eine Verfassungsrichterin zu wählen, die Abtreibungen bis zur Geburt verteidigt, antwortete er schlicht „Ja“.
Dies hatte die Empörung und Erschütterung über die Union in den sozialen Netzwerken noch einmal gesteigert. Konservative und Christen wendeten sich entsetzt ab.
„Wertefundament der Union steht auf dem Spiel“
Die Vorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), Susanne Wenzel, hatte auf kath.net bereits zuvor scharfe Kritik am Verhalten von CDU und CSU geäußert: „Mit einer Unterstützung der Kandidatur von Brosius-Gersdorf wären sie direkt mitverantwortlich für eine Aufhebung des Lebensschutzes und der unteilbaren Menschenwürde.“
Damit stünde nicht nur das „Wertefundament der Union auf dem Spiel“, auch das Vertrauen vieler Wähler wäre endgültig zerrüttet. Es sei „grundfalsch, einmal mehr gegen den Willen von Parteimitgliedern und Wählern den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen“. Die CDL-Chefin: „Der Zeitpunkt für eine klare Haltung ist jetzt.“

Briefe an Unions-Abgeordnete schreiben
Wenzel übte scharfe Kritik an ihrer Partei: „Die CDU verscherbelt mit ihrer derzeitigen Taktik gegen den Willen der Mitglieder und Wähler nicht nur das Tafelsilber, sondern auch noch das Prunkporzellan und das gute Bleikristall der einst so stolzen Adenauer-Partei.“ Und die CSU werfe noch „die Schlüssel für den Weinkeller hinterher“.
Die christliche Webseite 1000plus ruft indes dazu auf, dem Unions-Abgeordneten aus der Region vor der Richterwahl Briefe zu schreiben: „Um ihn inständig zu bitten, bei der Abstimmung am Freitag seine Stimme NICHT einer dezidierten Abtreibungsbefürworterin zu geben – einer Jura-Professorin, deren Berufung ins Bundesverfassungsgericht die Existenz unserer rechtsstaatlichen Zivilisation ernsthaft bedrohen würde!“ Dafür bietet sie die Möglichkeit, über die Postleitzahl den zuständigen Unions-Parlamentarier zu finden.
Wer beim Formulieren Hilfe benötigt, kann sich über die Webseite Kritikomat einen Brief mit den für ihn passenden Argumenten zusammenschreiben lassen und ebenfalls an die Bundestagsabgeordneten schicken. (fh)
