HERDECKE. Die Bürgermeisterin der Stadt Herdecke, Iris Stalzer (SPD), hat sich einen Tag vor dem späteren Messerangriff ihrer Adoptivtochter bereits an die Polizei gewandt. „Wir hatten am Montag zweimal persönlichen Kontakt zu ihr“, sagte ein Sprecher der Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis der Nachrichtenagentur dpa. Einmal sei sie persönlich auf der Wache in Wetter an der Ruhr erschienen.
Mit Blick auf die laufenden Ermittlungen wollten sich die Beamten nicht zum Inhalt der Gespräche mit Stalzer äußern. „Ein Vorgang wurde angelegt, alle notwendigen Maßnahmen wurden getroffen“, sagte der Sprecher. Auch die Staatsanwaltschaft habe davon Kenntnis erhalten.
Am Dienstag war Stalzer in ihrem eigenen Haus stundenlang gefoltert und mit 13 Messerstichen schwer verletzt worden (JF berichtete). Inzwischen befindet sie sich nicht mehr in Lebensgefahr.
Adoptivtochter wollte „Rache nehmen“
Das Martyrium ereignete sich laut Bild-Zeitung im Keller des Hauses. Als die Feuerwehr eintraf, saß die 57jährige allerdings schwer blutend in einem Sessel im Wohnzimmer und war so gut wie nicht mehr ansprechbar. Sie mußte mit einem Hubschrauber in ein Bochumer Krankenhaus gebracht werden.
Dort diagnostizierten die Ärzte neben den Stichverletzungen auch mehrere Schädelbrüche sowie Hämatome am Kopf der Sozialdemokratin. Im Keller soll die 17jährige Tatverdächtige laut dem Bericht nach Angaben der Mutter zunächst mit einem Deospray und einem Feuerzeug auf sie losgegangen sein und versucht haben, die Haare und Kleidung der Adoptivmutter anzuzünden. Dabei habe sie gesagt, sie wolle Rache nehmen. Noch sei unklar, was diese damit meinte.
Wer brachte die Bürgermeisterin ins Wohnzimmer?
Die Jugendliche soll demnach mit zwei Messern auf die Politikerin eingestochen haben. Wie diese aus dem Keller ins Wohnzimmer gelangte bzw. wer sie dort hinbrachte, ist noch Teil der Ermittlungen. Um 12:05 Uhr rief die mutmaßliche Täterin dann den Notruf.
Vorher sollen offenbar größere Blutspuren weggewischt worden sein, wie die Spurensicherung laut Bild-Zeitung festgestellt hat. Wenn das zutrifft, könnte Iris Stalzer lebensgefährlich verletzt im Sessel gesessen haben, während versucht wurde, die Spuren zu beseitigen.
Das Mädchen muß bisher trotz der mutmaßlichen Schwere der Tat nicht ins Gefängnis (die JF berichtete). Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelt es sich nicht um versuchten Mord oder Totschlag, sondern lediglich um gefährliche Körperverletzung. Denn die Adoptivtochter habe den Rettungsdienst alarmiert, und dies sei als „Rücktritt von der Tat“ zu werten. (st/fh)