BERLIN. Der Deutsche Landkreistag hat angesichts klammer Kassen tiefgreifende Einschnitte bei den Sozialausgaben gefordert. „Diese Koalition stimmt die Bevölkerung in keiner Weise auf einen notwendigen Politikwechsel ein“, sagte Hauptgeschäftsführer Hans-Günter Henneke (CDU) der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Der müßte in Leistungseinschränkungen bestehen.“
Hintergrund ist ein Rekorddefizit der Kommunen von 24,8 Milliarden Euro im Jahr 2024. Der Kommunale Finanzreport 2025 der Bertelsmann Stiftung weist damit das höchste Minus seit Jahrzehnten aus. Laut Henneke entfielen allein 17 Milliarden Euro des Defizits auf höhere Sozial- und Personalkosten, die auf gesetzliche Vorgaben zurückgingen. „Es geht ungehemmt weiter bergab“, sagte Henneke.
Landkreise unterstützen Reiches Rentenvorschlag
Besonders ins Gewicht fielen demnach der Tarifabschluß des Jahres 2023, der die Personalkosten um acht Milliarden Euro habe steigen lassen, sowie ein Anstieg der Sozialausgaben von 75,5 auf 84,5 Milliarden Euro. Henneke kritisierte: „Das Defizit der Kommunen spielt im Koalitionsvertrag keine Rolle.“ Statt Kürzungen sei bislang „überall Nein gesagt“ worden.

Der Landkreistag schlägt unter anderem vor, Sozialleistungen zu streichen, wenn „Angebote ohne wichtigen Grund nicht angenommen werden“. Das gelte etwa für das Bürgergeld. Zudem sei eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit sinnvoll, wie sie auch Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) angeregt habe. Der von der schwarz-roten Bundesregierung beschlossene Haushaltsentwurf lasse jedoch keinen politischen Kurswechsel erkennen.
Sozialkassen schreiben rote Zahlen
Kritik übte Henneke auch an Finanzminister Lars Klingbeil (SPD). Dieser entziehe sich dem Konsolidierungsauftrag. „Konsolidierung heißt Rückführung von vorhandenen, nicht Abwehr von zusätzlichen Ausgaben“, stellte Henneke klar. Eine Umkehr werde mit jedem Monat schwerer. Bereits jetzt seien kommunale Aufgaben kaum noch zu finanzieren.
Auch auf Bundesebene spitzt sich die Lage zu. Ein internes Schreiben des Finanzministeriums nennt Milliardenlöcher bei Rente, Pflege und Krankenkassen. Der Gesundheitsfonds verfügte Ende 2024 nur noch über Rücklagen für 0,06 Monatsausgaben. Die Pflegeversicherung schloß das Jahr mit 1,54 Milliarden Euro im Minus. Finanzminister Klingbeil verschiebt inzwischen Rückzahlungen – teils bis 2033. (sv)